Ich entdeckte Georg Kreisler eher zufällig vor wenigen Jahren, als im Plattenladen meines Vertrauens die erste "Everblacks" für einen lumpigen Euro in der Ramschkiste zu haben war.
Bis dahin wußte ich lediglich, daß die Kassierer einmal eine Coverplatte mit seinen Liedern aufgenommen hatten; ansonsten nichts.
Was ich hörte, gefiel mir ganz gut; es waren Liveaufnahmen von einem Auftritt in Tübingen, entstanden 1975.
"Taubenvergiften", "Gelsenkirchen", "Zwei alte Tanten", "Der Max auf der Rax"... heutzutage eher milder schwarzer Humor, aber immer noch sehr unterhaltsam, und mit einer Virtuosität getextet und vorgetragen, die mich ehrfurchtsvoll staunen ließ.
Eigentlich dachte ich, er wäre zwischenzeitlich gestorben; doch plötzlich las ich, daß seine Autobiographie erschienen wäre.
Und keine zwei Tage später, es muß 2008 gewesen sein, hing tatsächlich ein Plakat am Entenfang, das eine Lesung von ihm in Karlsruhe ankündigte.
Selten ging ich dermaßen demütig zu einer Veranstaltung; der Mann war schon über 80, und trotzdem machte er einen sehr aufgeräumten Eindruck.
Danach hatte man noch die Gelegenheit, ein paar Worte mit ihm zu wechseln; da stand ich dann also vor ihm, gefühlt 13 Jahre alt, und ließ mir mein "Everblacks"- Exemplar signieren, etwas zurechtstammelnd, wie dankbar ich dafür wäre, das noch erleben zu dürfen, worauf er mir die Hand schüttelte und sich gleichsam bedankte.
Letztes Jahr sah ich ihn nochmal-diesmal deutlich hinfälliger geworden- zusammen mit seiner Frau in der Mainzer Synagoge, wo er einen Querschnitt aus seinem Schaffen zu Gehör brachte, natürlich nur lesenderweise, denn um Musik zu machen, war er wohl körperlich nicht mehr in der Lage. Den Auftritt habe ich aber irgendwo in den Weiten meines Blogs ausführlich besprochen, darum sei er hier nur angerissen.
Der Grund dafür ist allerdings ein trauriger, denn nun ist er gestorben, im reichlich gesegneten Alter von 89 Jahren. Stur bis zum Schluß; nie hat er seine im Exil erworbene US- Staatsbürgerschaft wieder abgegeben, um nicht von einem Land, das ihn seinerzeit vertrieben hat, als "österreichischer Künstler" vereinnahmt zu werden.
R.I.P., Georg Kreisler. Für mich war er einer der Größten.
Mittwoch, 23. November 2011
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