Freitag, 29. November 2019

Mal etwas über Sex.

Können sich Leute meines Alters noch daran erinnern, daß im für pubertierende Jungs interessanten Teil der Versandhauskataloge früher ein (und es war wirklich zumeist nur ein einziger) nicht näher definierter "Massagestab" angeboten wurde?
Davon abgesehen, daß es sich dabei um ein reichlich unästhetisches Teil in Leukoplastfarben mit einem roten Drehknopf am unteren Ende handelte, sah man auf dem zugehörigen Photo eine freundlich lächelnde halbjunge Dame, die sich das Teil an die Wange drückte. Natürlich bekleidet.
Seltsame Assoziationen entspannen sich da im vorbartwüchsigen Schädel: natürlich hatte man einen leisen Verdacht, für was diese Dinger tatsächlich hergestellt wurden, aber das schrieb man seiner überspannten versauten Phantasie zu.
Da Erwachsene diese nicht zu haben schienen, mußte das also tatsächlich ein Massagestab sein, um die verspannte Nackenmuskulatur zu lockern.
Das erörtete ich letztens mit einer ein paar Jahre jüngeren Arbeitskollegin, als während der Arbeit zur Abendessenszeit eine "Amorelie" - Werbung im Fernsehen lief.
Der Grat ist mittlerweile ja recht schmal, auf dem derartiges balanciert: einerseits ist es ja recht schön, daß Dinge wie Sexspielzeug und Selbstbefriedigung aus der komplexverursachenden Schmuddelecke herausdürfen (zumal die Amoreliewerbungen recht ästhetisch gestaltet sind), andererseits ist die konstante Übersexualisierung in Wort und Bild bei Kindern und Jugendlichen gerade ein enormes Problem, das teilweise extrem verstörende Folgeerscheinungen zeigt.
Diese treten lustigerweise hauptsächlich im Umfeld solcher Phänomene zutage, und zwar bei Leuten meiner Generation.
Ich kenne einige Lehrer, die mir schwer Faßbares erzählten; pubertäres Wettwichsen ist dagegen wirklich erstaunlich harmlos und zählt wohl zu den Erfahrungen, die nicht wenige Männer irgendwann einmal gemacht haben.
Aber 13jährige Mädels, die Jungs aus ihrer Klasse auf dem Schulhof oral befriedigen und dabei von Umstehenden mit dem Handy gefilmt werden, sind der berühmte Schritt über die rote Linie.
Kinder und Jugendliche werden momentan in einer Welt groß, in der sie Sex in erster Linie als Hochleistungssport wahrnehmen anstatt - wie es üblicherweise sein sollte - als etwas, das Menschen miteinander tun, die sich lieben.
Was der Heranwachsende dann daraus macht und welchen Weg sein Sexualleben später geht, sollte irgendwann auf letzterer Basis seine eigene Entscheidung sein (solange er niemandem damit schadet).

Aber ich frage mich ehrlich gesagt mit Schaudern, was aus 13jährigen Gangbangern in punkto Sexualentwicklung geworden sein wird, wenn sie mal 33 sind.
Und ich bin mir nicht sicher, ob ich das wissen will.
Um das zu unterbinden, ist es nun einmal notwendig, in Sachen "sexueller Offenheit" ein Stück zurückzugehen, ohne gleich als verklemmt zu gelten.
Es muß ja nicht gleich wieder zurück zum "Massagestab" sein.

Samstag, 2. November 2019

Quittung für's Nettsein

Heute: ein unvermutet schöner Tag.
Obwohl ich arbeiten mußte, fühlte ich mich relativ gutgelaunt. Da ich in Karlsruhe - Durlach noch geraume Zeit auf meinen Bus warten mußte, der mich üblicherweise zur Arbeitsstelle karrt, beschloß ich ganz umweltschweinisch, mir einen Kaffee zum Mitnehmen zu erstehen, um ihn dann an der Haltestelle im Verbund mit einer Zigarette zu konsumieren, dabei die letzten lauen Sonnenstunden dieses Jahr genießend.
Soweit, so gut. Im Überschwang begab ich mich nicht nur in die Filiale einer recht mediokren Bäckereikette, sondern hielt auch mit der recht hausmütterlichen unbekannten Bedienung dort einen freundlichen Plausch, weil es sich gerade so ergab.
Wir verabschiedeten uns freundlich, ich schlenderte zur Haltestelle, nahm einen großen Schluck meines Kaffees, dann irritiert noch einen und entsorgte ihn anschließend im nächsten Gully.
Ich schwöre: eine auch nur annähernd so grauenhafte Plörre in Kaffeeverkleidung hat selten in meinem Leben meinen Körper betreten.
Eigene Erfahrungswerte kann ich zwar nicht vorweisen, aber so stelle ich mir den Geschmack im Mund vor, wenn man nach einem intensiven Verbandspokalspiel im Hochsommer dem Libero einer Kreisklassenfußballmannschaft in einer einer muffigen, nach  nassen Socken  riechenden Behelfsumkleide aus braun furnierten Preßspanwänden die schweißnasse Sacknaht sauberleckt.

Trotzdem war ich nach dieser Erfahrung froh, daß mich die Dame offenbar sympathisch fand. Ich weiß nämlich nicht, was sie mir ansonsten angetan hätte.