Montag, 30. September 2019

Sperrzone

Ich plädiere hiermit für die Einrichtung einer Sperrzone, die durch ausgesuchte Spezialkräfte überwacht wird.
Ob diese die Erlaubnis erhalten sollen, notfalls von der Schußwaffe Gebrauch machen, wird noch genauer zu prüfen sein. Ziel: Abwehr von Möchtegernbayern.
Jetzt mal im Ernst: ich bin strikt dafür, alles, was auch nur entfernt mit dem Oktoberfest zu tun hat, in München zu belassen, wo es auch hingehört. Leider teilen diese Meinung viele Gastronomen in der Region nicht, so daß in jeder noch so mediokren Beiz sogenannte "Oktoberfestpartys" als aktuellste Geißel der Menschheit aus dem Boden sprießen, mit sehr unappetitlichen Folgen.
Jedes Jahr um diese Zeit ist beispielsweise Karlsruhe durchseucht mit in blau - oder rotweiß karierte Hemden gewandeten Seppelhosendeppen.
Und als wäre dieser Umstand noch nicht peinigend genug, müssen sie sich natürlich auch verhalten wie auf dem Oktoberfest, selbst wenn sie an einem Gleis des Hauptbahnhofs auf ihre Straßenbahn warten:
nach ca. drei Augustinerhefeweizen deutlich angezählt möglichst röhrend laut redend, dazu begleitet von einer bierzeltkompatiblen Holzhackergestik, um nicht nur die eigene Virilität, sondern auch die unerschütterliche Überzeugung zur Schau zu stellen, die pure Partytauglichkeit zu verkörpern, die andere jederzeit mitreißen kann.

Leider nicht in den Abgrund.


Mittwoch, 18. September 2019

Die Mächte des Wahnsinns

Stellen Sie sich einmal vor, Sie würden in einer Wohnung leben, aus der sich ihr jeweiliger bisheriger Lebenspartner vor geraumer Zeit selbst entsorgt hat.
Dazu hat er einen Teil des Mobiliars mitgenommen, was Sie ihm nicht zum Vorwurf machen; immerhin war es entweder sein Eigentum, oder Sie haben sich in einem der seltenen Momente, in denen die Vernunft gleichsam über beide gebot, gütlich darüber geeinigt.
Was ist also die erste größere Anschaffung, wenn Bett, Küchentisch, Waschmaschine, Fernseher und Staubsauger abhanden gekommen sind?
Genau: Schallplatten.
Da mein Untermieter einen Großteil seiner Plattensammlung veräußern wollte, machte ich den Fehler, selbige auf etwas Brauchbares zu durchstöbern. Und da wir musikalisch in vielen Bereichen leider ziemlich kongruent sind, fand ich viel. Zu viel. Sachen, die ich nur auf CD hatte oder bereits jahrelang suchte.
Da er mir noch einen Freundschaftspreis anbot, für den ich an seiner Stelle einem Anzubietenden bedeutet hätte, er möge meinen haarigen Hintern küssen und meinte, die Platten müßten schnellstmöglich weg, und wenn ich sie nicht nähme, gäbe es noch ausreichend Interessenten, konnte ich nicht anders. Ich habe mich gewehrt, aber es war stärker.
Und so wechselten an diesem sonnigen Nachmittag 47 LPs und 6 EPs innerhalb meiner Wohnung den Besitzer, zu einem Preis, den ich an dieser Stelle für mich behalte.
Wer sich in dem Bereich ein wenig auskennt, wird das vielleicht nachvollziehen können, wenn ich ein paar Namen in den Raum werfe:
mehrere Alben von den Melvins, Didjits, Laughing Hyenas, NoMeansNo, Mule, Killdozer, Cows, Chrome Cranks, Guzzard etc. pp.
Ich hätte vermutlich wochenlang bitterlich wehgeklagt, wären die mir entgangen.
Davon abgesehen: Waschmaschinen gibt es das ganze Jahr über, aber so eine Gelegenheit ist einmalig. Man muß Prioritäten setzen.

Und sich umgehend in psychiatrische Behandlung begeben.

Montag, 16. September 2019

Abpfiff

Ich hab es endlich geschafft.
Freiwillig habe ich noch keine Minute von der Saison in allen drei relevanten deutschen Fußball - Ligen gesehen.
Zum ersten Mal seit meiner Kindheit habe ich mir kein kicker - Sonderheft zum Bundesligastart gekauft, lese keine Sportzeitschriften mehr und bin komplett raus.
Es besteht kein Funken Interesse mehr an Bundesligafußball. Und vermisse ich gerade etwas?

NEIN.

In den letzten Jahren hat meine Begeisterung schon spürbar nachgelassen, flammte aber immer wieder kurzzeitig auf, wenn es tatsächlich um wichtige Entscheidungen ging.
Nibelungentreue?
Der FCK, den ich als Kind geliebt habe, ist eh schon seit zwanzig Jahren dahingesiecht und nun mit der Installierung irgendeines luxemburgischen Immobilienwindhundes endgültig verreckt. R.I.P.
Einen Neustart in der Regionalliga Südwest hätte ich generell bevorzugt, was aber mein Fandasein wahrscheinlich auch nicht mehr reanimiert hätte, so befremdlich finde ich diesen ganzen fußballgewordenen Eventzirkus mittlerweile.
Der SC Bastia bleibt mir noch; von den politischen Gründen abgesehen, spielt er als Viertligist in diesem ganzen Hypewahnsinn sowieso keine Rolle, und sollte er jemals wieder in die erste französische Liga aufsteigen, gibt er auch niemandem einen Anlaß, ausgerechnet in einen korsischen Verein mit 2000 Zuschauern, den ganz Fußballfrankreich haßt, Millionen hineinzuinvestieren.
Deswegen kann ich da zumindest ab und zu Fan sein, ohne mich wortbrüchig zu fühlen.
Ansonsten:
geisteskranke Transfersummen, aufgepimpte Arschvereine wie Wolfsburg oder Hoffenheim, andere kickende Großkonzerne mit gesichtslosen Angestellten, denen eine eigene Persönlichkeit zumeist genauso abgeht wie eine eigene Meinung, wenn sie Vorformuliertes in Mikrophone seiern.
Komplettskandale wie RB Leipzig, die ja jetzt - unterstützt von medialen Jubelpersern wie Alfred Draxler und allerlei Leuten, die Regeln und Verordnungen immer so zurechtbiegen, daß dieses Heuschreckenkonstrukt durchpaßt - gute Chancen haben, die nächsten paar Jahre deutscher Meister zu werden.
Ich schätze, bald in der RB - Bundesliga, da dieser Dreckskonzern momentan überall Geld hineinpumpt, wo es was zu holen gibt, abgesehen von allen möglichen Sportarten nun wohl auch in Musik. Eine Krake, der mittlerweile auf dem sinkenden Kahn allzuviele Leute allzu bereitwillig die Schotten öffnen, um "international wettbewerbsfähig" zu bleiben. Fickt euch alle.
Lange konnte ich mich nicht überwinden und habe mich an Kindheits - und Jugenderinnerungen festgeklammert in der Hoffnung, sie in der neoliberalen Fußballwelt wiederzufinden.
Jetzt weiß ich: das wird nix mehr. Und fühle mich eigenartig erleichtert, weil ich einige unnötige Sorgen losgeworden bin, siehe ältere Blogbeiträge.
Verscherbelt den kompletten Dreck an Mateschitz, es wird mich nicht mehr jucken.

Und das ist gut so.

Donnerstag, 12. September 2019

Momentaufnahme

Einen fröhlichen guten Morgen, werte Leserschaft!

Wenn man sich vage ausdrückt, erntet man manchmal Unverständnis, in das sich ein gerüttelt Maß an Besorgnis mischt. Deshalb:
der Grund für den gestrigen lugubren Eintrag ist meine kürzlich erfolgte Entzweiung mit Frau Turini.
Das lasse ich hier jetzt mal ohne weitere Erläuterungen stehen, um weiteren Spekulationen um eventuelle Todesfälle oder ernsthafte psychische Grunderkrankungen vorzubeugen, ohne allzusehr persönlich zu werden.

Ich habe mich dafür entschieden, mich zur Kompensation in Arbeit zu stürzen.
Allerdings umfaßt dies momentan nicht meinen durchaus interessanten und anspruchsvollen Brotjob (der mir zudem ein geradezu vorbildliches Team beschert hat, dessen Unterstützung in der letzten Zeit ich gar nicht genug würdigen kann), da ich gerade Urlaub habe.
Geplant war zwar nicht unbedingt, den in einer viel zu großen verwaisten Wohnung zu verbringen, aber nun muß ich dieser Tatsache ins häßliche Gesicht sehen.
Glücklicherweise konnte ich einen äußerst genehmen Menschen, den ich schon lange kenne und der sich gerade ebenfalls in einer Trennungssituation befindet, dafür gewinnen (bzw. er gewann mich für die Idee), vorübergehend als Untermieter einzuziehen, bis sich sein Privatchaos ausreichend geordnet hat.
Derweil mache ich mich ernsthaft daran, meinen neuen Roman "Die Papageienschaukel" nach jahrelangem Herumdümpeln nun endlich fertigzuschreiben.
Vorgestern beendete ich die Rohfassung, gestern machte ich mich an die Ausarbeitung des letzten Drittels.
Fünf Stunden saß ich und tippte wie besessen, begeistert vom Wiederfinden meines manischen Arbeitsethos ... nur um dann festzustellen, daß der Rechner im Open - Office - Modus den Text gar nicht abspeicherte und somit alle neu erstellten Teile komplett im Orkus verschwanden, worauf als dürftiger Ersatz ein großes Heulen und Zähneklappern die Leerräume der Wohnung erfüllte.

2019: ein wahrhaft grandioses Jahr. Ich liebe es.

Mittwoch, 11. September 2019

Ground Zero

Man erwacht in einer fremden Wohnung, die gerne die eigene wäre, aber ihren Status eingebüßt hat.
Denn was man viel zu lange als viel zu selbstverständlich schon kaum noch bewußt wahrgenommen hat, ist spurlos daraus verschwunden, allenfalls noch einen wabernden Nachhall hinterlassend, der für kurze Momente zu einem schrillen Crescendo wird.
Man sieht die Welt mit anderem Blick. Es wäre gern der altbekannte Blick, jedoch durchziehen ihn Schlieren, als wäre er mit einem Schmierfilm belegt, der verhindert, daß Sachen ihr ursprüngliches Aussehen zurückgewinnen.
Man entdeckt Menschen. Es gibt Freunde, die sich wie Freunde benehmen, was einen fast schon beschämt, wenn man an vergangene Momente der Vernachlässigung zurückdenkt.
Es gibt Leute, die man nicht als Freunde bezeichnen würde, die sich aber wie solche benehmen, was einen die einem bisher bekannte Welt neu sortieren läßt.
Und man trennt die Spreu vom Weizen.

Wie es jetzt halt so ist, das Leben. Das Aufstehen. Das Weitermachen.

Allein.