Freitag, 19. November 2010

Ritti Ritti Rümpf

Kennen Sie, liebe Leser, dieses Phänomen?

Man befindet sich in einer Alltagssituation und wird plötzlich von Kindheitserinnerungen überfallen... und es gibt dafür weder einen klar benennbaren Auslöser, noch haben diese Erinnerungen irgendeinen Zusammenhang, sondern kommen wie eine riesenhafte, gezackte Glasscherbe aus dem Nichts herbei und rammen sich selbst ins Stammhirn.
Ein gutes Beispiel von heute:
man ist 37 Jahre alt und steht gerade in Berlin unter der Dusche, als einem folgendes Lied einfällt:

"Wenn einer tannige Hosen hätt' und hagebüchene Strümpf
dann könnt er tanzen wie er will, es gäb ihm keine Ri-ra-ri-ra
Ritti Ritti Ritti Ritti Ritti Ritti Rümpf..."

Gleich danach wird einem klar, daß man dies schwerstdebile Lied mal in der 5.oder 6. Klasse im Musikunterricht lernen mußte und es wohlverwahrt in einer Truhe im Hinterkopf wähnte, die man seit Jahren nicht mehr geöffnet hat.
Also: was soll dieser Quatsch, Gehirn?
Sollte ich mir deswegen Sorgen machen? Was fällt mir demnächst noch alles ein?

"Ein Deutscher, ein Franzos' und ein Ami kommen in ein Hotel. Meint der Besitzer: wir haben aber nur noch ein Zimmer frei, aber da spukt es. Sagt der Ami..."
Nein. Schluß jetzt.

Gestern Abend wollte ich "Wer wird Millionär?" schauen und merkte zu meinem Entsetzen,daß ich beim RTL- Spendenmarathon gelandet war.
Das wurde richtig widerlich, als dann zu einem Zwischenstand ins Studio geschaltet wurde... abgesehen davon, daß Sylvie van der Vaart in einem Einspieler zeigen durfte, wie sie sich um behinderte Kinder kümmert, was den vagen Verdacht nicht ausräumen konnte, daß ihr das als eine der Trivialgalionsfiguren des Senders von der Programmdirektion zugewiesen wurde und es somit im Endeffekt wumpe war, ob es sich um behinderte Kinder, Leute, die von Geburt an Tentakel statt Armen besitzen oder Menschen, die nach einem Mähdrescherunfall aussehen wie ein Leguan handelt.
Dazu kam ein an Schmierlappigkeit und festgetackertem Tetanusgrinsen nicht zu überbietender Anzugmolch eines Telekommunikationsunternehmens, der dem schwer begeisterten Moderationsreplikanten vor der Studiokulisse, die mit Aufklebern dieses Telekommunikationsunternehmens gepflastert war, einen Scheck im Namen des Telekommunikationsunternehmens überreichen durfte, worauf der Hinweis folgte, daß zahlreiche Mitarbeiter des Telekommunikationsunternehmens freiwillig (sicher) an den Studiotelephonen Dienst taten, um die Spenden entgegenzunehmen, gewandet in rote Sweatshirts mit dem Aufdruck "RTL- Spendenmarathon- Wir helfen", in dieser großartigen Show, die natürlich auch präsentiert wurde, und zwar von einem Telekommunikationsunternehmen. Wer hätte das gedacht.
Wie sich als Zweitsponsor da noch ein Automobilunternehmen reinzwängen konnte, blieb enigmatisch. Wahrscheinlich stellt es für das Telekommunikationsunternehmen den Dienstwagen.
Der schwer erträgliche Harry Wijnvoord höchstselbst dagegen saß am Laptop und versteigerte eine Komparsenrolle in einer RTL- Serie. Wer also schon immer mal 4500 Euro zahlen wollte, um bei GZSZ etwas wie "Da vorne ist er!" oder "Tach, Herr Dokter" zu sagen und gleichzeitig das Gefühl erwerben, die Welt damit ein kleines bißchen besser gemacht zu haben, durfte sich fühlen wie ein König.

Kurzum: ein Konglomerat aus Eitelkeit, Niedertracht und Selbstdarstellung, ein Abgrund aus Heuchelei und "gut gemeint", gefüllt mit ganzen Tankladungen voll Schleim und Rotz und Sabber und Geselchtem, und ich wünsche niemandem auf der ganzen Welt, auf die Hilfe solcher Paradebeispiele leuchtender, ja, gleißnerisch strahlender Arschigkeit angewiesen zu sein.

Der Begriff "Gutmensch": selten wurde etwas dermaßen überstrapaziert, nicht selten erhält man für Polemik in diese Richtung Beifall von falscher Seite.
Leute mit nichts im Kopf, aber Geld zum Fressen, oberflächliche Zyniker und talentfreie Exponate wie Niels Ruf, der eine Karriere darauf aufbaute, politisch unkorrekte Witze zu machen, die aber trotzdem erstaunlich humorfrei das Niveau 13-jähriger mäßig begabter Hauptschüler selten einmal verfehlten, teilen gerne in diese Richtung aus, ohne die Intention der ursprünglichen Kritik daran jemals begriffen zu haben, und sind demnach als Antipoden (oder Antagonisten, je nach Sichtweise)derselben nicht weniger widerwärtig... wie es der Zynismus und die Arroganz der Vorzeigebeispiele eines Ellbogenkapitalismus nun einmal sind.

Es geht im Endeffekt nur darum, warum man nicht helfen kann, ohne dabei die Fresse zu halten und selbst dabei möglichst gut dastehen zu müssen.

Ich wollte schon immer einmal bei "Wer wird Millionär?" mitmachen, und wäre ich prominent, hätte ich kein Problem damit, mich in der Spezialausgabe neben Bülent Ceylan, Jens Lehmann und anderen Mutanten in einen Stuhl zu fläzen.
Aber sicherlich nicht wegen dem Spendenmarathon.

Sondern nur, um vor dem Rest der Republik mit meinem Allgemeinwissen zu protzen.

Donnerstag, 18. November 2010

Das Karlsruheorakel

Vor einiger Zeit postete ich spaßeshalber jenes:

"Schalten sie also auch nächste Woche wieder ein, wenn sie King Bronkowitz sagen hören:
"Allah U Akbar!" Bumm.",
worauf Klaus N. Frick das in einem Kommentar mit Berlin in Verbindung brachte, ohne daß ich meine Absicht des Wohnortwechsels bereits kundgetan hatte.

Wie nennt man das im Neusprech? "Self- fulfilling prophecy"?

Nicht so voreilig, liebe Datenschnüffler, weder ich noch der Herr Frick haben ernsthaft vor, uns auf belebten Plätzen in den Orbit zu blasen, dabei Teile von NETTOtütentragenden Hausfrauen und japanischen Touristengruppen mit uns nehmend.
Jedoch fiel mir schon vorgestern verstärkte Polizeipräsenz an den U- Bahn- Haltestellen auf, und seit gestern ist es wohl Gewißheit, daß irgendwo in der Republik etwas kaum Auszumalendes herandräut.

Natürlich verfällt man nicht in Panik, sonst bräuchte man das Haus nicht mehr zu verlassen... und ein Angstgefühl mag sich auch nicht recht einstellen,sondern- bizarr genug- eher ein latent vorhandenes Gefühl der Spannung, wann und wo es passieren wird.

Das ist sehr seltsam... als gehörte Sensationsgier beim Homo sapiens zur instinktiven Grundausstattung, sogar bei jemandem wie mir, der sich generell wünscht, daß beispielsweise Unfall- Gaffern auf der Autobahn noch während der Heimfahrt Unaussprechliches an den primären Geschlechtsorganen wuchern möge.

Irgendwie gibt mir das mehr zu denken als die momentane Alarmstufe Rot an sich... aber vielleicht sollte mich das als Beweis für meine Unbeugsamkeit auch aufbauen.

Zeit,um explizit politisch unkorrekt zu werden, aber da ich religiöse Fundamentalisten jeglicher Prägung abgrundtief hasse,nehme ich mir dieses Recht heraus:

ich habe keine Angst vor diesen Ziegenfickern.

Dienstag, 16. November 2010

"Am Mikrophon war Karl- Heinz Muff."

Damit wurde ich in meiner Studien- bzw. Aushilfspflegezeit oft konfrontiert, wenn ich mich in unserer WG bereit zum Start in den Tag machte und der fossile Radiowecker im Bad plärrte (man kann nicht mit drei schlafenden Mitbewohnern in der Wohnung die Anlage aufmöhren und den Morgen mit "Angel Of Death" beginnen, auch wenn man es gerne würde).
Den guten Mann gab es wirklich, auch wenn mir sein Heimatsender entfallen ist (den man auch nicht zwangsweise zu wissen braucht, es sei denn, man hat wirklich Gelüste, morgens nach den 6-Uhr- Nachrichten kurz vor der Frühschicht "Carrie" von Europe zu hören)... und abgesehen von seinem grandiosen Namen nannte er noch ein deutliches Lispeln sein eigen sowie ein stimmliches Timbre, das an Papa Maulwurf mit zwei Tampons in der Nase gemahnte.
Da ich ja selbst mal einen Sprachfehler vorzuweisen hatte, der dem Muffens nicht unähnlich war (was ihn mir sympathisch machte), bis ich ihn mir im zarten Alter von 23 in einem Gewaltakt selbst wegtrainierte und dazu nach meinen Radiosendungen oft genug zu hören resp. zu lesen bekam, man hätte von mir eine Stimme wie Henry Rollins erwartet und sei erstaunt, daß ich klänge wie Christian Wörns, werde ich wohl demnächst kurzzeitig vor einer breiteren Öffentlichkeit die Muff- Nachfolge antreten.
Sozusagen als Muff II (ich kann's nicht lassen)werde ich am 27.11. im Kulturprogramm von SWR 2 abends einen Fünfminüter zum besten geben, der zwar recht albern ist, den sich der Südwestfunk aber dennoch eine hübsche Summe kosten läßt, so daß ich meinen ersten vernünftigen Auftrag verbuchen kann. Näheres wenn es soweit ist.
Schalten Sie also an diesem Wochenende SWR 2 ein, wenn Sie King Bronkowitz sagen hören:

"Ihr habt alle gefickt!"

Donnerstag, 11. November 2010

Notizen aus der Drehorgelhölle

Es paßte natürlich wie der Kopf in den Eimer:
kaum entstieg ich zwecks Vorstellungsgespräch meiner U- Bahn am Rathaus Steglitz, wartete oben schon das- nach Pan- bzw. Blockflöten- enervierendste Folterinstrument darauf, mir den Tag zu versauen.
Ein lustiger Drehleiermann kurbelte melonenbedeckelt an seiner akustischen Stalinorgel, mir dabei noch ein beschwingtes "Morjen" zurufend und den nichtkurbelnden ringelbehemdeten Arm schwenkend, um auch dem Sehbehindertsten noch klarzumachen, daß dieser Morjen schon- obwohl noch in zarter Blüte stehend- bereits rettungslos verloren war.
Fehlte eigentlich nur noch das obligatorische Kapuzineräffchen... am besten noch mit einem Sprengstoffgürtel um den Bauch.
Daß das Vorstellungsgespräch von meiner Seite aus nicht zu den fruchtbarsten zählte, rettete den angebrochenen Tag dennoch... meine Ambitionen, im Prenzlberg zu wohnen, aber in Steglitz zu arbeiten, hielten sich dann doch in Grenzen.

Viel ist passiert in den letzten Tagen... zuviel, um hier im Internetcafé jetzt sofort einen detaillierten Abriß zu liefern.

Deswegen erst einmal Splitter:

1. Wenn man aus Kostengründen die Reiselangversion wählt und 11 1/2 Stunden via Regionalbahn nach Berlin tuckert, aber dann zwischen Mannheim und Frankfurt mit zwei Spongs im Abteil sitzt, von denen sich einer ununterbrochen- ich schwöre: ununterbrochen- in derbstem Roihessisch abwechselnd über die Bahn als solches ("die fordern dann Lokführer aus Trier an, unn dann werden in Frankfott die Bahne gstrich...") und Zigeuner ausläßt, die hier sozialschmarotzen, will man ungeachtet der noch kommenden Strapazen der Fahrt seine Energiereserven anzapfen, um zu töten.
Zum Glück ist man dann doch vernünftig.

2. Kassel- Wilhelmshöhe: ich stelle fest, daß die Nummer der Regionalbahn auf Gleis 6 nicht mit meiner Nummer auf dem Verbindungsplan übereinstimmt. Also frage ich vor dem Einsteigen einen herannahenden schinkenförmigen Mann in DB- Uniform:
"Entschuldigung, hält die Bahn hier in Sangerhausen?"
"Morgen."
"Wie, die fährt erst morgen wieder nach Sangerhausen?"
"Nein, 'Guten Tag' heißt das erstmal."
Und läuft weiter, ohne mich noch einmal zu beachten, mich völlig perplex zurücklassend, hoffend, daß er mein in den Bart gebrummtes "blödes Arschloch" trotzdem noch gehört hat.

3. Sangerhausen: Einöde, Brachland, Dunkelheit, gefühlte 3 Grad unter Null.
Cormac McCarthy schrieb "The Road". Jetzt weiß ich, wo er vorher seinen Urlaub verbracht hat.

4. Was ein Spiegelbild meines Lebens (oder zumindest meiner Psyche) sein könnte: ein weibliches Wesen postet mir auf Facebook einen nahezu niedlichen Abschiedsgruß und auch im Chat noch Herzerwärmendes... nur um in der nächsten Nachricht zu fragen: "Du, wie finde ich auf Google Photos von diesem Hundeficker?"
Stünde gerade der Weltgeist neben mir, ich würde ihm einen Mentha spendieren.

5. Den Rest meines freien Tages heute verbrachte ich spazierenderweise im Wedding.
Sollte mir das zu denken geben?
Niemand, der noch seine sieben Zwetschgen beisammen hat, geht freiwillig dahin, schon gar nicht, um dort zu bummeln... aber irgendwie fühle ich mich dem Wedding nach meiner kurzen Zeit dort immer noch verbunden.
Der unhippe Stadtteil, der den keiner will, der als heruntergekommen und gefährlich gilt, trotz relativ zentraler Lage in jedem Reiseführer elegant übergangen wird und sich auch deswegen jeder Gentrifizierung widersetzt, obwohl er seit bestimmt 20 Jahren als DER kommende Stadtteil angepriesen werden soll.
Der alte Arbeiterstadtteil, der es nie an die Fleischtöpfe geschafft hat, sondern sich im Gegenteil immer weiter davon entfernt... in dem es keine vernünftigen Clubs gibt, nur Bierklitschen samt erlesener Alkoholikerklientel und Menschen mit Kampfhunden.
Irgendwie fühle ich mich davon aber doch um einiges treffender repräsentiert als durch den Prenzlauer Berg... in dem ich mich momentan zwar wohlfühle, aber trotzdem irgendwie Fremdkörper bin.
Nein nein: ich mag den Wedding.

Irgendeiner muß es ja tun.

Dienstag, 9. November 2010

Guten Tag aus Berlin

Ich hätte Anfang dieses Jahres keinen Cent darauf gewettet, aber nun ist es Tatsache: ich wohne in Berlin, ohne das jemals richtig lange überlegt zu haben, denn sonst hätte ich es wahrscheinlich nicht konsequent durchgezogen.

Dies nur als kurzes Lebenszeichen... ausführlicherer Bericht über die letzten Tage folgt, sobald sich hier alles etwas gesetzt hat.
Momentan habe ich das Gefühl, ich hätte die richtige Entscheidung getroffen... mal schauen, ob das anhält.

Freitag, 5. November 2010

"Wir sind die Wauzis..."

...keiner hat uns lieb."

Da habt ihr ja nochmal Glück gehabt... und ich hab wieder einen für die Sammlung:

Skandal im australischen Rugby

Joel Monaghan von den Canberra Raiders hat in der australischen Rugby-Liga (NRL) für einen handfesten Skandal gesorgt und sich selbst ins Abseits gestellt.

Jenseits des guten Geschmacks tauchten in einem sozialen Netzwerk Fotos auf, die den Australier bei einer eindeutigen sexuellen Handlung mit einem Hund zeigen.

Das Foto, das schon bald nach der Veröffentlichung nur noch in zensierter Form zu sehen war, soll auf einem Teamabend zum Saisonabschluss aufgenommen worden sein.

Monaghan ließ durch seinen Manager mitteilen, dass es sich um einen "Moment des bloßen Wahnsinns" gehandelt haben muss und entschuldigte sich.

Eine Untat, die er auf seinen schlechten emotionalen Zustand an diesem Abend schob und die ihn noch einige Zeit lang begleiten wird.

"Joel kann damit keinen mehr blamieren als sich selbst", sagte Raiders-Manager Jim Banaghan: "Eine dumme Aktion die ihn sein ganzes Leben lang verfolgen wird. Es gibt keine Erklärung für diese Tat."

Die NRL kündigte disziplinarische Maßnahmen gegen Monaghan an. Medien spekulieren über eine Vertragsauflösung.


(Quelle: Sport 1)

Jessas.

*edit*

Gerade nochmal gegoogelt:

nicht nur, daß der gute Mann in Australien eine Art Superstar ist, vergleichbar einem Mesut Özil hierzulande, er hielt den Köter wohl auch an den Ohren und ließ sich von ihm das Gemächt ablecken, wobei er auf dem Bild nicht so aussieht, als fände er das völlig abstoßend.
Ein "Prank" soll es gewesen sein, also ein etwas derberer praktischer Jokus, der auf einen nicht anwesenden Vereinskameraden abzielte.
Australier mögen den derbsten Humor der Welt haben, abgesehen von den Briten vielleicht, aber sich von Vereinskameraden photographieren zu lassen, wie einem der Haushund einen Blowjob gibt... kriegt man im Rugby eigentlich viele Bälle an den Kopf?

Dienstag, 2. November 2010

Das OX und ich: Nerdkram galore

Das OX- Fanzine habe ich in diesem Blog schon manches Mal erwähnt; sehr oft lobend, manchmal kritisch, und beides werde ich auch beibehalten.
"Wes Brot ich freß, des Lied ich sing" ist meine Sache nicht.

Nichtsdestotrotz kann ich meine Freude darüber, daß ich es scheinbar geschafft habe, als Schreiber dort unterzukommen, nur schwerlich verhehlen.
Ich liebe Musik; und ich wollte schon immer außerhalb von Foren darüber schreiben, wo ich die Ergebnisse meiner Arbeit in gedruckter Form vor mir sehe, und zwar in einem Magazin, das auch einen festen Leserstamm hat, der über eine gewisse Region hinausgeht.

Natürlich: reich werde ich damit nicht. Aber darum ging es mir auch nie.

Wenn ich am 8. November mein Domizil in Berlin bezogen habe, werde ich hoffentlich richtig einsteigen können... solange muß ich mich hier mit dem Umzugsstreß herumschlagen (und Streß ist es fürwahr... dermaßen nervtötend, daß ich meiner Leserschaft nähere Details ersparen will, da sie auch gar zu unspannend daherkommen).

Die erste Hürde mußte ich allerdings bereits nehmen: so wurde eine Liste mit 10 Lieblingsplatten von mir angefordert.
Und obwohl ich mir den Kunstgriff erlaubte, zwei Zehnerlisten zu erstellen (eine OX- relevant, eine nicht), dauerte die Auswahl doch so lange, daß ich mir wie ein kompletter Nerd vorkam.

Wie soll man jemandem begreiflich machen, der dazu keinen Bezug hat, welch Pein es sein kann, bei zwei oder drei verbliebenen Listenplätzen zwischen ca. 25 großartigen Alben auswählen zu müssen?

Das Leben als solches

Manchmal, ja manchmal... erscheint einem das Leben wie eine Streckbank. Oder wie das Hören einer Eagles- Best- Of in Endlosrepeat in einem kahlen, abgedunkelten Raum. Wie ein dreistündiger Vortrag eines halbblinden Börsenmaklergreises im Gemeindezentrum Linkenheim- Hochstetten, in welchem zur Erfrischung ein Sektglas kohlensäurereduziertes, lauwarmes Mineralwasser gereicht wird.

Dann, ja dann... muß man nur einmal schauen, was Neubloggern hier als beispielhaftes Exponat für einen gelungenen Blog vorgeführt wird. Zufällig stieß ich gestern darauf.

Acht Blogs stehen zur Auswahl, verfaßt von wohl tatsächlich existierenden Menschen.
Wählt man dann zwischen den detaillierten Beschreibungen von Thanksgiving- Dinnern angewelkter Hausfrauen aus dem Mittleren Westen der USA, lustigen Halloween- Blogs aus "Frankensteinia" (Muaha) oder den Alltagserlebnissen verheirateter Frauen in London, die als Hobby "Handtaschenkauf" angeben,erscheint einem das Leben wieder als Achterbahn mit halsbrecherischen Überschlägen und überraschenden Wendungen.
Vorausgesetzt, man überlebt das Lesen eines kompletten Beitrags, ohne schlagartig an Progeria zu erkranken.
Ich habe gestern Nacht versucht, aus jedem "suggested Blog" einen Beitrag zu lesen, und nach kurzer Zeit schmolz mein Gesicht und sammelte sich als Lache unter meinem Stuhl. Das meiste konnte ich wieder aufsammeln, aber wenn mein Nachmieter ein Stück Ohr finden sollte... das gehört mir.

Bitte nicht an die Katze verfüttern.

Ich als Kuppler

In der Anfangszeit meines Blogs, die mittlerweile nun auch schon erstaunlich lang zurückliegt, bevor aus einer netten Spielerei eine ernsthaft betriebene Freizeitbeschäftigung wurde, veröffentlichte ich eine kurze Polemik unter dem schönen Titel "Endlich! Ficken mit Niveau".
Bevor Blogger dankenswerterweise hier die Zugriffsstatistik eingeführt hat, hatte ich sie auch schon weitgehend im Archiv abgelegt, nur um dann erstaunt zu registrieren, daß dieser Post die mit weitem Abstand höchsten Zugriffszahlen hier zu verzeichnen hat und auch heute noch immer wieder aufgerufen wird, was bei älteren Einträgen eher ungewöhnlich ist.
Woran hängt's? Nur an der Überschrift? Sex sells? Nach wie vor?
Noch bizarrer wird es allerdings, wenn man sich mal die Funktion zu Gemüte führt,die zurückverfolgt, auf welche Art und Weise Leute den Weg zu diesem Post gefunden haben. Auf Google, so ist zu lesen, wurde unter anderem über die Schlagworte "niveauvolles Ficken" bzw. "kultiviertes Ficken" mein Blog angeklickt.
Also: gibt es unter Ihnen, werte Leser, irgendwelche zufällig anwesenden, die auf der Suche nach einer wilden Orgie mit 30jährigen Kardiologinnen nun auf meiner Seite gelandet sind und darauf warten, daß ich gleich etwas poste wie "Sylvia, heißes, immerfeuchtes Luder in Stützstrümpfen und fleischfarbenem Mieder wartet auf dich. Gib nur deine PIN ein und hör ihr zu, wie sie stöhnt und sich dabei die Achselhaare rasiert"?

Interessante Vorstellung.

Montag, 1. November 2010

Citizen G

Wenn man- wie ich- in einem sozialen Beruf arbeitet, hat man unter anderem den Nachteil, daß man recht widerwillig Mitglied einer offiziellen Kirche sein muß, da sonst die Berufsaussichten gen Null tendieren, weil die meisten Altersheime kirchlich und somit sogenannte Tendenzbetriebe sind, die nur Mitarbeiter nach ihrem Gusto einstellen.
Natürlich gibt es auch Privathäuser, aber die zahlen beschissen... und wer weiß, wie hart dieser Beruf ist, wird auch verstehen, daß die Motivation, für 1300 netto im Monat (wenn überhaupt)die Knochen hinzuhalten, nicht übermäßig hoch ist, abgesehen von Willkür und Familienkungelei, die dort häufig auch noch zusammen einhergehen.

Völlig bizarr wird es allerdings, wenn man in einem Haus arbeitet, in dem der Staat in irgendeiner Form involviert ist. Dann darf man nämlich einen Eid auf die Verfassung in einer rathäuslichen Amtsstube leisten; dieses Vergnügen hatte ich bislang zweimal.
Umging ich das Dilemma 1991, als ich mich noch für politisch aktiv mit Kontakten zur und Sympathien für die linksautonome Szene hielt, relativ elegant mit während des Eides hinter dem Rücken gekreuztem Zeige- und Mittelfinger, sah es 2002 ganz anders aus.

Ich arbeitete in der Bürgerhospitalstiftung in Speyer; damals war ich aus diversen Gründen 8 Monate aus Karlsruhe weg.
Mir war angekündigt worden, ich hätte mich darauf einzustellen, den Eid leisten zu müssen, ich würde dann- wenn es Bürgermeister Werner Schineller (CDU) terminlich einrichten könne- zum Rathaus gebracht und dort empfangen werden.
Als ich schon gar nicht mehr damit rechnete, war es dann soweit, mitten in meiner Frühschicht wurde ich wegbeordert.
Unglücklicherweise hatte ich den Abend vorher kräftig einen zur Brust genommen und war nicht nur noch schwer angeschlagen, sondern auch unrasiert, meine Augen waren so rot wie die eines Bassets und ich hatte eine Fahne, die man im Fritz- Walter- Stadion über die Westkurve hätte spannen können. Dazu trug ich zerschlissene Jeans und meine Exxon- Arbeitsjacke, die mir schon einige lustige Gutmenschendiskussionen beschert hat, aber das ist ein anderes Thema.
Anschließend wurde ich mit zwei anderen Leuten aus dem Haus, die ebenfalls frisch im Staatsdienst waren, von einem elegant gekleideten Paladin in einem Renault zum Rathaus gekarrt.
Eine der beiden anderen Ischen war eine der widerlichsten Napfschnecken, die ich je im Leben gesehen habe... man wünscht sich, solche Leute würden auf ihrer Schleimspur ausrutschen und sich den Hals brechen.
Nicht nur gratulierte sie Schineller bei der Begrüßung wortreich zur jüngst erfolgten Wiederwahl, später beim Abschied wünschte sie ihm auch- es ist wirklich kaum zu fassen- "noch viel politische Schaffenskraft". Würrrg.
Dann wurden wir um einen Tisch in des Bürgermeisters Arbeitszimmer gruppiert, um ein lockeres Gespräch über die Gründe unserer Berufswahl zu führen.
Ich saß zur Rechten unseres Herrn, und abgesehen davon, daß ich barbarisch nach Alkohol stank und- kaum daß ich saß- verbissen gegen den herbeikriechenden Schlaf kämpfen mußte, beantwortete ich die an mich gestellten Fragen nur extrem einsilbig, und das wohl mit einem nicht sonderlich "amused" wirkenden Gesichtsausdruck.
Das brachte mir schon erste seltsame Seitenblicke ein.

Zum Eid mußten wir uns hinstellen, und den Dreizeiler von einem Blatt zusammen mitlesen.
In der ersten Zeile verhaspelte ich mich bereits; die zweite übersprang ich ganz und stotterte mir etwas zurecht, als ich merkte, daß die Mitvereidigten ein anderes Stück Text als ich vorlasen.
Die Verabschiedung zwischen Schineller und mir fiel deutlich distanzierter aus als bei den anderen beiden; zudem glaubte ich, einen Funken Fassungslosigkeit darüber in seinem Blick zu erkennen, wen sich die Stadt da ins Boot geholt hatte.
Als ich zurück im Bürgerhospital war und mich zum Rest der Frühschicht umzog, glaubte ich auch endgültig zu wissen, warum.

Während der kompletten Zeremonie hatte mein Hosenstall sperrangelweit offengestanden.