Montag, 3. August 2009

Wieso dieser Scheiß- Bauernverein?

Es ist soweit: zum Saisonbeginn und dem Ende einer schier endlos erscheinenden Sommerpause das unvermeidliche Wort zum Fußball.
Wie macht man jemandem, der dazu überhaupt keinen Bezug hat und für den das lediglich ein Spiel ist, bei dem 22 Deppen einem Ball hinterherrennen, eine abgöttische Liebe klar? Gar nicht?
Es ist vielleicht wirklich sinn- und zwecklos. Deshalb dies:

Ich bin familiär bedingt mit dem 1.FC Kaiserslautern aufgewachsen. Seit ich 6 Jahre alt bin, hänge ich an diesem Verein... meine beiden Onkel, von denen einer mittlerweile leider verstorben ist, hatten in meinem Heimatdorf einen Fanclub, mein Vater wurde, nachdem er in Deutschland angekommen war, gleichfalls in die Pflicht genommen.
Wir waren eine FCK- Familie mit nuanciert abgestuftem Fanatismusgrad, und in Deutschland gab es nie einen anderen Verein und wird es nie einen geben... auch wenn Anfang der 80er als Reminiszenz an meine korsischen Wurzeln noch der SC Bastia dazukam, der bei mir den gleichen Stellenwert hat, aber aufgrund der räumlichen Distanz natürlich nicht dermaßen mit Erinnerungen behaftet ist... auch wenn es denkwürdige Momente gab, zum Beispiel mein erstes und bisher letztes Heimspiel im Stade Furiani gegen Guingamp.
Aber der FCK ist natürlich um einiges präsenter.
Vieles hat man in 30 Jahren erlebt... erste Stadionbesuche in den frühen 80ern als Kind mit einer scheinbar mundgestrickten FCK- Pudelmütze auf der Rübe, spätere Auswärtsfahrten mit Freunden als mobile Kippen- und Biervernichtungsmaschine, sich benehmen wie ein Arschloch, Frustaufbau und -abbau, große Siege, in der aktuellen Dekade Niederlagen einer Gurkentruppe, die über den Platz stolperte, als würde sie sich selbst darüber wundern, wie sie überhaupt dahin geraten ist, eine kurze Phase (ca. 2 1/2 Jahre) während meiner politisch korrekten (kein Kommentar, bitte) frühen Punkzeit, als Fußball als Proletensport verpönt war, ich mich vornehmlich nicht mehr dafür interessierte und trotzdem heimlich die Tabelle verfolgte (warum hat mich damals eigentlich nicht der Blitz beim Scheißen getroffen?), meine Rückkehr ins Stadion 1996 mit darauffolgendem Abstieg, Zittern und Bangen angesichts der drohenden Insolvenz, begleitet von Häme gegnerischer Fans, das Gefasel irgendwelcher ach so aufgeklärter Mitmenschen, wie man solch einen Bauernverein supporten kann, was die Trotzhaltung noch verstärkt hat...
wie soll man das jemandem klar machen, der damit nichts zu tun hat?
Und wie soll man jemandem klarmachen, daß Fußball nichts mit Ringelpiez mit Anfassen zu tun hat? Daß ich keine familienfreundlichen Feste will, wo man mit vorschriftsmäßig angemalter Fresse eine große, gemeinsame Party feiert, sondern daß es im Stadion darum geht, auch mal den Frust einer Arbeitswoche loszuwerden, man sich auf den Rängen auch gerne mal gegenseitig beharkt, beleidigt und benimmt wie Pöbel und Gesocks, und wo sogar mitgebrachte 8jährige bei ihrem ersten Stadionbesuch Schaum vor dem Mund haben, genau wie ich damals... auch wenn irgendwelche Marketingfritzen dann jammern, weil Fußballfans nicht soweit zähmbar sind, daß man sie für seine Zwecke instrumentalisieren kann?

Eines sollte klar sein: ich habe nichts dafür übrig, wenn Menschen Fußball und reales Leben verwechseln und etwa nichts mit Leuten zu tun haben wollen, weil die zufällig einem anderen Verein angehören.
Mich verbindet beispielsweise mittlerweile eine Haßliebe mit dem KSC; ich zähle viele Fans desselben zu meinen Kumpels und Freunden und habe auch keine Probleme damit, mit ihnen- zumindest im Fernsehen- Spiele zu schauen, für einen aktiven Support im Wildpark bzw. gar einem Erwerb von Fandevotionalien reicht die Selbstüberwindung nun doch nicht, aber zumindest zu aufrichtiger Sympathie, eigentlich an sich schon ein Ding der Unmöglichkeit, bei der Geschichte der Rivalität beider Klubs.
Trotzdem muß man sagen: im Vergleich zu der legendären Feindschaft zu den Baracklern aus Mannheim (das war kein Fußball, das war Krieg... zumindest spielen die gerade keine Rolle mehr. Aber wenn man sich anschaut, was da gerade zumindest in Liga 1 an Vereinen herumturnt, die kein Schwein braucht, will man sie fast schon wieder zurückhaben)ist das Verhältnis zu den Karlsruhern ziemlich entspannt.
Aber wenn beide Vereine gegeneinander spielen, gibt es nunmal drei oder vier Stunden für mich keine Freundschaft mehr, das ist beiden Seiten klar.
Wichtig ist nur, daß man abends wieder gemütlich ein Bier zusammen trinken kann, ohne sich gegenseitig auf's Maul hauen zu wollen.

Nichtdestotrotz:
Fußball ist Bestandteil des Lebens von jedem, der mit einem Verein aufgewachsen ist, und eine Freizeitbeschäftigung, die es allen, die genauso denken, erlaubt, sich einmal 90 Minuten ohne Rücksicht auf Beruf oder sonstigen sozialen Status für dieselbe Sache zu begeistern und eine gemeinsame Basis zu schaffen, seien sie nun Gymnasiallehrer oder Hilfsarbeiter auf dem Bau.
Mag sein, daß Fußball kein Mensch braucht. Aber wenn man ihm einmal verfallen ist, sind einem derartige Binsenweisheiten auch komplett egal.

1 Kommentar:

  1. Wahre Worte, die für jeden Fußballfan gelten, egal welchem Verein er angehört. Ich kann deinen Lieblingsverein nicht ab, aber wenn jemand zum FCK hält, wie es meine besten Freunde tun, dann müssen sie eben mit den Konsequenzen leben, die dies mit sich führt. So wie ich mit meinem Verein leide. Das eint am Ende doch irgendwie alle

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