So, nach ausreichender Vorbereitung ist es morgen nun also soweit: um 5 Uhr 58 fährt mein Zug Richtung Berlin ab.
Neuer Job, angestrebter Zweitwohnsitz, neue WG, Leben aus dem Koffer, alles noch vage und nebulös.
Was Berlin anging, hatte ich in letzter Zeit einen Beißreflex entwickelt, der in seiner Heftigkeit gar nicht beabsichtigt war; doch vieles, was an Reaktionen von Leuten kam, ging mir gewaltig auf den Sack.
Anscheinend ist es für manche Leute absolut nicht nachvollziehbar, daß man nicht Berlins wegen nach Berlin geht, sondern aus rein beruflichen Gründen.
Als ich vor 10 Jahren nach Karlsruhe kam, habe ich es anfangs gehaßt und wollte schnellstmöglich wieder weg.
Weg ging ich aus diversen Gründen im März 2002 tatsächlich... was mir eine abenteuerlich schlingernde Irrfahrt einbrachte, die unbeabsichtigterweise im Oktober 2002 wieder in Karlsruhe endete, verbunden mit dem Vorsatz, zumindest zu versuchen, mich mit der Stadt zu arrangieren.
Was soll ich sagen? Ich schaffte es tatsächlich, hier anzukommen.
Seit gut 5 Jahren fühle ich mich völlig hier heimisch, verbunden mit einer Art grimmigem, erworbenen Lokalpatriotismus, der einerseits der eines jahrelang Entwurzelten sein mag, der seinen Claim jetzt mit Zähnen und Klauen verteidigt (nachdem ich meine Kindheit und Jugend hauptsächlich in zwei verschiedenen Dörfern verbracht habe, von denen ich eines nach wie vor mit völliger Inbrunst abgrundtief hasse, während ich mit dem anderen weitgehend meinen Frieden gemacht habe, zumindest solange, als ich nicht mehr dauerhaft dort leben muß. Aber ich war schon als Kind
fasziniert von Großstädten und wollte irgendwann mal in der Stadt leben)und zudem der eines Menschen, der etwas Liebgewonnenes gegen seinen schlechten Ruf (zum Beispiel den einer langweiligen Beamtenstadt... ein Image, das anscheinend vorwiegend gerne von Leuten verbreitet wird, die noch nie hier waren) in Schutz nimmt.
Natürlich gibt es hier einiges, was mir ziemlich übel aufstößt und dazu beiträgt, daß Karlsruhes Ruf nicht von ungefähr kommt, aber ich werde das jetzt nicht breittreten. Ich kenne auch genug Leute, die zumindest im Bereich der Subkultur versuchen, hier echt etwas zu bewegen und die außerhalb von Karlsruhe kaum wahrgenommen werden.
Aber, um wieder zum Ausgangspunkt zurückzukommen: Leute, die mich ständig in einer Art und Weise zu Berlin beglückwünschten, als wäre ich hier der kompletten Einöde entronnen und ginge nun endlich dahin, wo das Leben pulsiert, gingen mir eine zeitlang brutal auf den Sender.
Wenn ich dann meinte, daß ich hier eigentlich nicht wegwolle, hier nicht nur meine Existenznische gefunden habe, sondern auch viele Freunde, daß meine Eltern hier in der Nähe leben, zu denen ich seit Jahren ein hervorragendes Verhältnis habe (nicht sehr Punkrock, ich weiß... was mich aber auch nicht juckt) wurde wissend gezwinkert, nach dem Motto "Jaja, warte, bis du erstmal drüben bist, dann willst du nicht mehr weg".
Zum Glück habe ich den ganzen Ballast nun über Bord geworfen, denn je mehr ich mich damit beschäftigte, desto mehr schwand meine Vorfreude, und das komischerweise nicht wegen Berlin, sondern nur wegen gewisser Leute. Und das hat eigentlich keine Stadt verdient.
Nun ist also alles geregelt, es geht ans Kofferpacken, und ich kann mich wieder darauf freuen, nicht nur auf mein Praktikum mit der Aussicht, eventuell einen neuen Job zu ergattern (nachdem der bisherige mittlerweile kaum noch zu ertragen ist), sondern auch auf die Leute, die ich bereits dort kenne und wiedertreffen werde.
Und wer weiß, vielleicht zieht es mich wirklich ganz hinüber, man sollte nie "nie" sagen... vor 10 Jahren hätte ich auch niemals gedacht, daß ein Teil von mir (wahrscheinlich lebenslang) einmal in einer badischen Beamtenmetropole zurückbleiben würde.
Auch wenn der Teil jetzt vorerst nur ein oder zwei Monate ohne mich auskommen muß.
Montag, 3. August 2009
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