Das könnte man mir entgegnen, würde ich hier posten, daß ich gerade an meinem freien Tag in dräuender Hitze in meiner stickigen Dachwohnung sitze wie im Dschungelcamp und allerlei Blödsinn in die Tastatur hämmere, während sich draußen die glibbrige Mittagsluft anfühlt, als würde man sich durch Berge von mundwarmem Aspik bewegen.
"Fein", könnte ich dann sagen, "wenn es denn ginge."
Meine drei schweren Operationen am linken Ohr waren 1980, 1986 und 1988.
Vor allem die erste war richtig dramatisch: ich, ein gerade mal sechsjähriger Knirps, der den ganzen Tag auf dem Basteltisch verbrachte und danach zwei Nächte und einen Tag durchschlief, nur um in einem kurzen Moment des Erwachens durch einen wabernden Nebel aus Anästhetika und Schmerzmitteln eine Szene zu realisieren, die sich bereits seit dreißig Jahren unauslöschlich in mein Gehirn eingebrannt hat:
meine Eltern und meine vor einigen Jahren verstorbene Großmutter mit tiefbetrübten Mienen an meinem Krankenbett, im Vordergrund auf dem Nachttisch- noch in Plastikumhüllung- eine kleine gelbe Spielzeugdampflok. Ein Blick von wenigen Sekunden auf ein Arrangement, das mir- der ich damals den Begriff natürlich noch nicht kannte- bereits surreal erschien, bevor der große Verdunkelungshammer mich wieder niederstreckte.
Die dritte Ohroperation, die gleichzeitig mein Gesicht zur linken Seite hin verzog, so daß ich- werde ich über rechts photographiert- meistens aussehe wie ein zähnefletschender transsylvanischer Wahnsinniger, der sich bereits tagelang nur von gekochtem Molch ernährt, beendete sämtliche Schwimmambitionen, die ich sowieso nie hatte.
Eine größere Menge Wasser würde direkt das Innenohr auffüllen und den Gleichgewichtssin ausschalten. Deswegen habe ich nie schwimmen gelernt; sogar, wenn ich der beste Schwimmer der Welt wäre, würde mich ein unvorhergesehener Sturz ins Wasser sofort absaufen lassen. Wäre somit auch ein guter Tip an alle, die mich loswerden und es aussehen lassen wollen, als wäre es ein Unfall.
So bleibt mir zumeist nichts anderes übrig als- sämtliche Tätigkeiten auf ein Minimum reduzierend- irgendwo gebacken zu werden, da ich mich- an Baggerseen zur Untätigkeit verdammt- ebenda meistens zu Tode langweile, da alle schwimmen gehen und ich in der Bruthitze herumliege und nicht mal richtig denken kann.
Klingt tragisch, ist es aber nicht; da ich ja nie ins Wasser durfte bzw. es irgendwann auch nicht mehr wollte, vermisse ich auch absolut nichts.
Da sitze ich lieber daheim im Abgedunkelten, das noch dazu in einer Stadt, von der ich bis zu meiner Jugend außer dem Krankenhaus in der Steinhäuserstraße nichts kannte, höre erbauliche Musik und tippe aus einer spontanen Eingebung heraus das hier.
Freitag, 16. Juli 2010
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