Montag, 21. September 2009

Die Prominentenstrichliste

Auf der einen Seite ist es ja tröstlich, in meiner letzten Woche in Berlin doch noch einen Prominenten zu Gesicht bekommen zu haben, völlig entspannt im Straßencafé auf einen netten Menschen wartend, mit dem ich mich dort treffen wollte: auf der anderen Seite hätte es der leibhaftige Wolfgang Thierse, der -mit der kauzigen Ausstrahlung eines Erfinders, der nach zwölfjährigen Versuchen, eine Eierköpfmaschine zu konstruieren, allmählich den Verstand verloren hat- auf der Schönhauser Allee versuchte, Passanten zur Wahl der SPD zu überreden, nun auch nicht noch sein müssen.

Die Wahlwerbung ist eh wieder einmal weit vorne; angefangen vom scheinbar für eine bereits arg mitgenommene Klientel produzierten Autistenspot der Rentnerpartei ("Mein Name, ist Kopp, Eberhard Kopp."- der neue Bond?- "Das kann nicht sein! Ich misch mich ein." Irgendwie sind Rentner, die krachig in die Kamera hineinpoltern und dazu versuchen, ein breites Publikum anzusprechen bzw. was sie dafür halten, ziemlich nervtötend) bis zum Berliner CDU- Kandidaten Gottfried Ludewig, der gerade mit westerwellesk beschwingten Stimmungsplakaten der jugendlichen Wählerschaft wohl vermitteln will, was für ein abgefahren crazy Motherfucker er in Wirklichkeit doch ist, Alda.
Übrigens: da man um das Thema nicht herumkommt, ein paar Worte zu den Wahlen.

Als mich eine Mitarbeiterin des Berliner ZDF- Studios fragte, ob ich wählen gehe und mir auf mein "Ja" dann anbot, ich könne mich doch in die "Quatschbox" des Morgenmagazins setzen und dem Fernsehvolk kundtun, warum ich wähle und es das gefälligst auch tun sollte, lehnte ich dankend ab.
Ja, ich gehe wählen; im Endeffekt wähle ich aber lediglich gegen eine Partei anstatt dafür. Das vage Gefühl, für etwas "Verantwortung" übernommen zu haben, will sich bei mir partout nicht einstellen, höchstens das, meine Stimme nicht völlig verschenkt zu haben, und selbst das ist wahrscheinlich trügerisch.
Ich äußere mich nicht gerne politisch, weil ich mich nicht gerne vereinnahmen lasse; und ich fühle mich auch keinem Lager richtig zugehörig.
Daß der Kapitalismus durch seinen Appell an die einfachsten Instinkte letztendlich den Sieg davongetragen hat, macht ihn in meinen Augen deswegen in der jetzigen Form nicht akzeptabel, deswegen scheidet die bürgerliche Mitte für mich aus;daß in meinem Denken kein Platz für Utopien ist, weil ich sie angesichts der Realität und der Beschaffenheit der Natur des Menschen für nicht durchführbar halte, macht mich für viele Linke zu einem manchmal höchst unerfreulichen Gesprächspartner, bei dem auch gerne mal die Faschismuskeule ausgepackt wird, wenn einem sonst nichts einfällt; daß ich Faschisten, Antisemiten, religiöse Fanatiker und allgemein auch den Geist der 50er Jahre in der Bundesrepublik auf den Tod hasse, macht mich für Rechte wie auch Konservative indiskutabel; würde ich nun also sagen, was ich wähle, würde ich aus diversen Gründen gegen meine Überzeugung handeln, weil ich eine Empfehlung für etwas abgeben würde, dessen Sinn sich für mich nicht unbedingt erschließt, das ich aber trotzdem als Notwendigkeit ansehe. Klingt wirr, ich weiß. Wäre ich hier in einem Forum, würde ich einen grünen Grinsesmiley hintenanstellen.
Ich will mich hier nicht zum tollen Outlaw hochstilisieren, dazu fehlt mir glaube ich noch einiges; daß ich mich immer noch vorwiegend unter Leuten bewege, die ihre Prägung in der Punk- und Hardcoreszene erhalten haben (und ich auch nicht vorhabe, das in absehbarer Zeit zu ändern), ist ebenfalls kein Geheimnis, aber deswegen muß ich nicht mit jeder dort vertretenen Meinung konform gehen... zumal es dort auch ein relativ großes Spektrum gibt, das vom scheinbaren Grundkonsens deutlich abweicht.
Deswegen: the choice is yours... ohne daß euch Papa Bronkowitz erzählt, wo es langgeht.

1 Kommentar:

  1. Du hast doch - orakel, orakel - bestimmt die Nerds von der Piratenpartei gewählt.

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