Donnerstag, 17. Februar 2011

Die Erleuchtung des Wiglaf

Manchmal mag ich Wiglaf Droste, ab und zu geht er mir gehörig auf den Sack.
Das Verhältnis Autor- Leser ist also durchaus ambivalent; natürlich sind wir oft nicht einer Meinung, politisch wie auch allgemein weltanschaulich, aber jemand, der gern polemisiert, muß auch das Zeug dazu haben, zu polarisieren, ansonsten ist er ein Langweiler. Da muß ich Droste durchaus Potential zusprechen, was unser oben erwähntes Verhältnis nicht unkomplizierter macht.
Daß jemand, der gerne mal meint, den guten Geschmack verteidigen zu müssen, vor Jahren anläßlich eines VIVA- Interviews in Rüschenhemd und Goldbrokatweste gewandet aus meinem Fernseher herauslugte und somit sämtliche Mittelaltermarktsgeschmacksverbrechen zur Schau stellte, lasse ich gerade noch durchgehen.

Aber vielleicht würde er mich sowieso nicht ernstnehmen: folgt man der Logik seiner Schilderung einer Tankred- Dorst- Lesung, in der er sich hauptsächlich über den hessischen Akzent Dorsts lustig macht, der ja nicht mal -ha ha ha- richtig hochdeutsch lesen kann, dürfte ich mich mit meinem Pfälzer Dialekthochdeutsch ebenfalls in die vorderste Legasthenikerliga einreihen.
Droste selbst ist gebürtiger Ostwestfale und somit aus einer Gegend, in der sich der gesamte gesprochene Dialekt auf vereinzelte Wörter wie "dölmern" beschränkt. Ansonsten gibt es dort wohl keinen.
Daß er es deshalb keinen Fitzel nachvollziehen kann, wie schwer es für einen Süddeutschen ist, seine komplette dialektale Färbung zu tilgen: geschenkt.
Daß ich da für meinen Teil sowieso keinen Wert darauf lege, macht das "geschenkt" noch um einiges geschenkter.

Abgesehen davon hatte Tankred Dorst ein paar Übergebratene verdient. Daß man dazu sarkastisch seine Schwächen vorführt, mag ein legitimes Mittel zum Zweck sein.

Aber eines sollte Droste trotzdem lassen: bitte nichts mehr über Fußball schreiben. Denn davon hat er beim besten Willen keine Ahnung.
Er kann den 1. FC Kaiserslautern ("Kneipenschlägerverein") genau so wenig leiden wie die in seiner Darstellung großkotzigen Bayern aus München. Das sei ihm auch gelassen; wir haben heute unseren Großzügigen.

Peinlich wird es nur, wenn sich sein eigenes Fantum auf Borussia Dortmund konzentriert, und zwar seit der "Initialzündung am 31.03.1995".

Bedenkt man, daß dieser Club zu der Zeit auf einer Erfolgswelle schwamm,
die zur direkten Folge hatte, daß der BVB seinerzeit an Widerwärtigkeit und Größenwahn den Bayern wahrlich in nichts nachstand; auch perfekt seine Rolle ausfüllte, und zwar- laut 11 FREUNDE- die als "ausgewiesene Vorhölle kommender Kommerzialisierung im Fußball"; und wenn man dazu noch das Geburtsdatum berücksichtigt, dann entdeckte Droste also im zarten Alter von 34 Jahren seine plötzliche Liebe zu einem Spitzenclub.
Es fällt schwer, das nicht albern zu finden.

Aber das gepflegte Fantum, das Droste als seine Lebensart ausgibt und welche es ihm erlaubt, andere Vereine auf eine Art und Weise zu diskreditieren, die intellektuelle und moralische Überlegenheit signalisieren soll, weiß solche Umstände gepflegt zu ignorieren.
Da er ja als Spätberufener die Blütezeit der Dortmunder "Borussenfront" um "SS- Siggi" Borchardt verpaßt hat, die sich in den glorreichen 80ern gerne mal mit erhobenem rechten Arm vor einer Hakenkreuzfahne im Reisebus auf Auswärtsfahrt photographieren ließ, ist der Hinweis auf "Glashaus" und "Steine" müßig.

Das Wort "Kneipenschlägerverein" ist somit schon wieder ein Kompliment, zeigt es doch, wie weit man von solchen Leuten wie Droste und ihrem Erfolgsfantum entfernt ist.

Man dankt.

1 Kommentar:

  1. Ach, der Droste ... Eigentlich ein brillanter Polemiker und Satiriker, aber manchmal steht er sich selbst im Weg. Manche seiner Texte sind derart cool, dass sie mich sprachlos zurücklassen, viele aber einfach nur banal.

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