Mittwoch, 10. März 2010

Der freie Wille

Abgesehen davon, daß mich sogar meine eigene Mutter unlängst einen Macho nannte, bin ich im Hinblick auf Darstellungen von Sexualität in Bild und Ton eigentlich ein Ästhet.
Ich mag weder Filme mit stumpfem Kaninchengerammel, noch mit Pisse und Scheiße oder mit Frauen, die sich besinnungslos mit abstrusen Gerätschaften traktieren.
Ganz schlimm- auf den Punkt gebracht, geradezu brechreizerregend- ist die Kombination "Sex und Horrorelemente" bzw. ganz allgemein "Geschlechtsakt und Gewalt".

Deswegen scheute ich auch solange vor "Der freie Wille" zurück, ein mehrfach prämierter deutscher Film mit Jürgen Vogel, in dem er einen verurteilten Vergewaltiger spielt... laut Ankündigung ein verstörendes Drama, das dem Zuschauer alles abverlangt.
Abverlangt hat er mir im Vorfeld schon einiges... ich weiß nicht, wie oft ich die Arthaus- DVD in der Hand hatte und sie wieder zurück ins Regal stellte, in vorauseilendem Grusel bezüglich einer bereits im Vorfeld angekündigten Vergewaltigungsszene.

Gestern habe ich mich dennoch überwunden, bevor ich in die Lage kam, länger darüber nachzudenken.
Und es war hart... nachdem ich "The Wrestler" von Darren Aronofsky (ja, genau jener mit Mickey Rourke in der Hauptrolle) gesehen hatte und bereits eine emotionale Grenzerfahrung dieses Jahr hinter mir hatte, konnte mich der "Freie Wille" glücklicherweise nicht mehr so erschüttern, wie er es wahrscheinlich in Prä- Wrestler- Zeiten getan hätte.
Dennoch bestimmt kein Film, den man unbedingt bei einem DVD- Abend mit Freunden auf die Prioritätenliste setzen sollte.

Meine Kritik dazu in einem Forum:


Jürgen Vogel (groß-ar-tig) spielt den verurteilten dreifachen Vergewaltiger Theo, der aus dem Maßregelvollzug entlassen wird und versucht, sich in der Normalität zurechtzufinden. Er wohnt in einer betreuten WG und beginnt, in einer Druckerei zu arbeiten.
Spätestens, als er immer wieder in Situationen gerät, in denen er sichtlich Mühe hat, seinen Trieb zu kontrollieren und zudem noch eine Beziehung zu der emotional gestörten Tochter seines Chefs beginnt, weiß man, daß der Film böse enden wird.
Vogel spielt den Vergewaltiger nicht als sinistres Monster, sondern als innerlich zerissenen, getriebenen Menschen, der zwischen Schuldgefühl und innerem Drang hin und her pendelt.
Dabei wird trotzdem nicht versucht, Sympathie für den Täter aufzubauen oder seine Taten zu entschuldigen.
Dementsprechend beginnt der Film gleich mit einer äußerst brutalen Vergewaltigung, die letztendlich zu Theos damaliger Verhaftung führt und dem Zuschauer einiges an Schmerzresistenz abverlangt, um sich nicht übergeben zu müssen (interessant auch das Interview mit Vogel über den Dreh dieser Szene... man erfährt, daß er und die Darstellerin als Codewort zum Abbruch "Osterhase" vereinbart hatten, wenn es ihr zu heftig wurde, da "nein, laß mich in Ruhe, hör auf" ja zum Rollendialog gehörte).
Auch ansonsten gibt Jürgen Vogel alles... er macht die Einsamkeit des Protagonisten spürbar, und gerade in den Momenten, wenn man fast Sympathie für ihn verspürt, kommt eine Szene, die diese wieder kaputtmacht.
Und "harte" Szenen gibt es in diesem Film en masse... abgesehen von den Vergewaltigungen (drei an der Zahl in diesem Film, zwei, an denen Vogel beteiligt ist) gibt es noch eine reichlich unappetitliche Masturbation zu einem Pornofilm, die für Zartbesaitete wohl auch unerträglich sein dürfte, dies nur als Warnung.
Daß der Film gegen Ende doch einige Längen hat und einem Sabine Timoteos gar zu hysterische Darstellung ebenda ziemlich auf den Wecker gehen kann, was auch zu leichten Punktabzügen führt- geschenkt.
Eine nüchterne, harte und dazu noch reichlich spartanisch gefilmte Sozialstudie, die dem Zuschauer wirklich alles abverlangt.

8/10

1 Kommentar:

  1. einer von wenigen filmen, die nachhaltig in meinem gedächtnis festgetackert sein werden, ja.

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