Montag, 26. Oktober 2009

"Now go and get your shoeshine- box."

Das sagt in "Good Fellas" die Figur "Leonard Batts" zu dem Mafioso, der von Joe Pesci gespielt wird, um gleich darauf von diesem übelst massakriert zu werden.

In der Altenpflege hat man keine Handhabe, um jemanden zu massakrieren. Das muß man mit leisem Bedauern feststellen.
Früher, als man mit dem Beruf Altenpfleger zumindest teilweise Rückhalt von der Heimleitung bekam, gab es eine Zeit zu Beginn der 90er und sogar noch 00er, in der man noch nicht per Gesetz dazu genötigt wurde, seine Persönlichkeit bei Dienstantritt an der Garderobe abzugeben.
Baute man Scheiße, kamen Angehörige, die einen mächtig frisierten. Danach war man schlauer; man entschuldigte sich und vermied es zukünftig, Fehler zu machen, die dem soeben begangenen auch nur ansatzweise ähnelten.
War der Beschwerdeführer ein hausbekannter Blödmann, der wegen jedem Schnauf, Schnief oder Furz drunten an der Tür der Heimleitung kratzte, gab es im berechtigten Fall ein paar mahnende Worte, die aber in nicht wenigen Fällen mit "...Sie wissen ja wie er ist, und daß ich offiziell darauf reagieren muß, zwinker zwinker" endeten.
So war es, und es war gut so,wie es war.

Mittlerweile ist alles anders.
"Beschwerdemanagement" heißt das Zauberwort.
Jeder Klappspaten, der seine Mutter im Heim hat und normalerweise sein Leben damit verbringt, vor seinem Haus Falschparker zu notieren, wird quasi indirekt dazu eingeladen, bei der Heimleitung sein Leid zu klagen, mit der Folge, daß irgendwelche Beschwerden, und sei es nur wegen eines halben Brathahns, falsch zugebundener Schuhe oder der Zugkordel in einer Jogginghose, vom Beschwerdeführer nicht nur mehr oder weniger lautstark dem Personal an den Kopf geworfen werden, sondern auch bei der Heimleitung landen, die den ganzen Stuß behandelt (bzw. behandeln muß) wie eine Staatsaffäre und der betreffenden Pflegeperson nochmal den Kopf wäscht.
Dann werden ca. 37 Formulare ausgefüllt und der Verantwortliche erhält schlimmstenfalls eine Abmahnung.

Das Bizarrste erlebte ich bei einem früheren Arbeitgeber: eine Kollegin von mir vergaß im Eifer des Gefechts, in einer sehr stressigen Spätschicht einen gehbehinderten, leicht dementen Bewohner ins Bett zu legen. Das war mit Sicherheit nicht schön; der arme Kerl mußte bis zum ersten Rundgang der Nachtwache ca. zwei Stunden später im Rollstuhl blöd in der Gegend herumsitzen.
Aber daran gestorben ist er trotzdem nicht; und meine Kollegin hat sich persönlich bei ihm entschuldigt.
Die Heimleitung verlangte trotzdem von ihr, bei den Angehörigen des Mannes anzurufen, zu erklären, was passiert war und sich bei ihnen ebenfalls zu entschuldigen.
Seitdem warte ich auf den Tag, an dem ein Verkäufer aus der Bäckerei, jemand aus dem SATURN oder ein Angestellter aus dem Supermarkt bei mir anruft, um sich zu entschuldigen, weil er mich oder meine Eltern miserabel bedient hat.

Ich habe keinen Tag lang bereut, 2001 mein Studium abgebrochen zu haben; aber seit mindestens 10 Jahren frage ich mich täglich, was mich geritten hat, diesen Job zu erlernen.

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