Man kann meine momentane Misere nicht treffender auf den Punkt bringen.
Seitdem Firefox meinte, mich mit einem Wahnsinns- Update beglücken zu müssen, ist mein Rechner weitgehend lahmgelegt, worunter meine Aktivitäten im Netz in nicht unerheblichem Maße leiden.
Das mag ehrlich gesagt auch an meinem Rechner liegen... dieser ist ein aus drei ausgeschlachteten Rechnern hervorgezauberter Mutant, bei dem sich geneigte Leser höchstens wundern würden, warum er nicht mit Dampf betrieben wird, und ist den Herausforderungen moderner neoliberaler Wirtschaftswirklichkeit wohl einfach nicht mehr gewachsen. Die Laktatwerte sind beschissen.
Viel getan hat sich in letzter Zeit... eigentlich sollte ich den Blog wieder täglich führen, würden mich eine Mischung aus peinvoller Lethargie und fehlgeleiteter Technik nicht konstant daran hindern.
Zum Beispiel war ich letztes Wochenende in Mainz, unter anderem, um dem großartigen, wunderbaren und unvergleichlichen Georg Kreisler zu lauschen.
So baufällig er mittlerweile auch sein mag (immerhin ist der gute Mann Jahrgang 1921), entfaltet er auf der Bühne immer noch ein gewaltiges Charisma.
Begleitet von seiner Gattin Barbara Peters, die wohl mittlerweile auch als eine Art Pflegerin zu fungieren scheint (jedenfalls ihrem mir von Zeugen überlieferten Gebaren nach zu schließen... man sollte keine 25 Jahre jüngere Frau heiraten, wenn man vorhat, als selbstbestimmtes Individuum zu altern), las er neuere Texte gemischt mit älteren Werken, die es damals noch in Liedform gab, aber aufgrund der physischen Beeinträchtigung des Meisters nicht mehr als solche vortragbar sind.
Singen kann und mag er wohl nicht mehr, Klavierspielen geht schon dreimal nicht, und die Texte wirken wie ein Echo aus einer fernen Vergangenheit, in der man das Bürgertum noch mit Sachen schockieren konnte, bei welchen der Blödmannfraktion neueren Datums höchstens die Füße einschlafen würden. Einige der jüngeren Zuhörer wunderten sich anhand des milden schwarzen Humors einiger Stücke auch über die von den älteren Semestern dargebrachte Heldenverehrung. Das soll kontrovers sein?
Dennoch: ein Wortschmied erster Güte, ein Meister seines Fachs, jemand, den ich verehre wie nur wenige andere... möge er bei bester geistiger Gesundheit noch ein paar Jahre dranhängen.
Und denjenigen, die ihn noch nicht kennen, sei einfach You Tube empfohlen... irgendein umtriebiger Fan hat dort Dutzende Songs hineingestellt.
Ich empfehle nach dem obligatorischen Standard "Taubenvergiften" noch "Als der Zirkus in Flammen stand", "Bidla Bua", "Gelsenkirchen", "Dreh das Fernsehen ab", "Der Bluntschli", den "Max auf der Rax" und die "Telephonbuchpolka".
Und wer ihn dann immer noch nicht mag, ist bestenfalls ein Banause und soll den Rest des Tages mit Bauklötzen spielen. Oder Charlotte Roche lesen. Mehr geht da sowieso nicht. Da bin ich mal völlig diktatorisch.
Die Veranstaltung fand im Vortragsraum den neuen Synagoge in Mainz statt, treffend, da Kreisler selbst Jude ist (mit einer sehr bewegten Biographie, schaffte er es doch zum Glück noch rechtzeitig, dem Terror der Nazis durch eine Emigration in die USA zu entfliehen) und sich insofern für selbigen zur Quasieröffnung als Glücksfall erwies.
Ich sah mich mit absonderlichen Riten konfrontiert. Wußte jemand, daß es kosher Bier gibt?
Bis zum Montag tat ich das nicht... selbiges (ein hebräischer Schriftzug mit dem Untertitel "Maccabi Lager") ist übrigens äußerst lecker und gut dazu geeignet, sich einen Obend gepflägt aus de Puschn zu blosn, oy.
Daß die leeren Flaschen jedoch separat zu sonstigen Getränken gelagert werden mußten, da kosher und unkosher (anderes Bier und Cola durften im Gebäude selbst nicht verzehrt werden) nicht zusammen stehen durften, daran mußte man sich erstmal gewöhnen.
Der Raum selbst ist übrigens wagemutige architektonische Kamikaze. Alles ist komplett schief und in gegenläufigen Winkeln zueinander gebaut, was vor allem bei der Haupttreppe ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit für den Umstand aufkeimen läßt, vor dem Betreten keine Drogen genommen zu haben. Man fühlt sich wie auf einem Bild von Escher oder in einem "Sondermann"- Cartoon von Bernd Pfarr selig.
So. Müde bin ich gerade sehr, ein Lebenszeichen habe ich erstellt, Cap Anamur hat mich bis jetzt nicht mal einer Absage gewürdigt... das sollten die essentiellen Mitteilungen heute Nacht gewesen sein.
Ich breche hier die Zelte ab, bin grad reichlichchchchrrrn.
Montag, 20. September 2010
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