Sonntag, 31. Januar 2010

mobility4u

Warum mir auf dem Weg zur Spätschicht nix Erbaulicheres einfällt, als mir an der Haltestelle Kronenplatz anzuschauen, mit welchen Werbebanderolen Karlsruher Straßenbahnen beklebt sind, ist eine gute Frage.
Noch trostloser ist freilich, das Gelesene nach früherer reiner Kenntnisnahme nun endlich ins Gehirn einsickern zu lassen, auf daß es ein paar Synapsen kappe.
Die KVV- Werbung etwa, die da unter dem geradezu um Gnade flehenden Slogan "mobility4u" mannigfaltig Gesichtsgulasch erschröcklicher junger Menschen vorführt (scheinbar zwangsrekrutierte Auszubildende, denen Furchtbares angetan wurde, so weltentrückt- syphilitisch grimassieren sie in die Kamera), die zu "Julia" fahren. Oder zur Hölle. Zumindest mal in der ganzen Stadt herum, um ja jedem zufällig Anwesenden vorzuführen, daß wir hier garantiert nicht mehr alle Tassen im Schrank haben.
Gekrönt wird dieser kreative Clou, der nur dabei herauskommen kann, wenn sich frühvergreiste 40jährige an dem versuchen, was sie für "Jugendjargon" halten, von zwei essentiellen Feststellungen: "Kaputte Haltestellen sind für kaputte Typen", sowie "Clean ist cool."
Was man eben so feststellt, wenn man scheinbar den ganzen Tag Substanzen aus der chemischen Reinigung inhaliert.
Apropos "Straßenbahn":
manchmal kommt ja der Anflug einer Identitätskrise herbeigeweht, wenn man zum Beispiel am Europaplatz in die Verbalauseinandersetzung rivalisierender Fangruppen gerät.
"Scheiß Kaiserslautern!", kam es von KSC- Seite, "60 und der FCK- Scheiß- Karlsruhe!" von der Seite der Anhänger von 1860 München sowie versprengter FCK- ler, die sich vor Postgalerie und McDonalds über die Straße hinweg anblökten und auf eine passende Gelegenheit warteten, sich gegenseitig auf die Glocke zu hauen.
Also MEIN Verein samt Verbündeter gegen meinen Wohnort, in dem ich mich bekanntlich sehr wohl fühle... es war zwar schon immer klar, daß ich hier drei Stunden keine Freunde mehr habe, wenn der FCK spielt, aber auf dem Heimweg von der Arbeit bei Minusgraden und Schneetreiben quasi einem Stellvertreterkrieg beizuwohnen, machte gerade keine Laune.
"Karlsruher by choice, Pfälzer by the grace of God..."
Heute entschied ich mich kompromißhalber für den goldenen Mittelweg, der da "S5 Richtung Mühlburg" hieß, fuhr nach Hause und ließ dem Jungvolk sein Vergnügen.
Den Rest heb ich mir für Ende Februar auf, wenn ich mir drei Stunden lang einbilden muß, nicht mehr hier zu wohnen.

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