Man hatte es beziehungsweise sie fast schon vergessen. Oder verdrängt.
Doch nun, zu den Feiern des 25jährigen Mauerfalljubiläums, wurde es/sie wieder herausgekramt und durch die Medien gescheucht.
Es handelt sich um die Floskel von der "Mauer in den Köpfen". Wurde diese in den ersten Jahren nach dem Zusammenbruch der DDR beziehungsweise derem Jubiläum ständig beschworen, hochgezogen und wieder abgerissen, vor allem von salbungsvollen Gestalten wie Johannes Rau selig ( "Wir dürfen und wir werden uns mit der Mauer in den Köpfen und den
Abschottungen in den Herzen in Deutschland niemals abfinden") oder Christian Wulff unselig ("ein Ideal der Begegnung ohne Mauern in den Köpfen"), gab es sie manchmal auch als pure Imagination (Sachsen Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU):
"Die
immer zitierte Mauer in den Köpfen ist meinem Eindruck nach zu einem
großen Teil herbeigeredet"...was der gnomige Schwafler übrigens auch in
seiner Zeit als sächsischer Ministerpräsident über Neonazis im Osten
behauptete, denn die gäbe es ebenfalls nicht, nur "einfache Ganoven",
aber egal) oder gar aus dem geschichtlichen Zusammenhang gerissen in der schwulen Variante ("...will der CSD Düsseldorf dazu beitragen, „Mauern mit den Köpfen
niederzureißen“, wie die Veranstalter auf ihrer Homepage schreiben.").
"Die Mauer ist gründlich verschwunden, die Mauer in den Köpfen ist eher
eine Behauptung derer, die niemals die Vereinigung gewollt haben, als
Realität", so Ex- Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld in einem Interview mit biedenkopfscher Überzeugung... und wenn sie schon nicht da ist, mußte man sich zumindest ihre theoretische Existenz vorstellen, um diese ranzige Phrase benutzen zu können, immer und immer wieder, wie "Sinn machen", "Spaßfußball" oder das "Umschaltspiel".
Scheinbar sind Floskeln eine Art Dschinn: kaum läßt sie irgendjemand einmal aus der Flasche, bereisen sie fliegenderweise die Lande, um ständig ihren Kopf aus Fernsehen, Radio oder Presseerzeugnissen zu stecken, ihrem Verbreiter wohl das Gefühl gebend, ein solides Bonmot vom Stapel gelassen zu haben.
Doch plötzlich war Ruhe. Trotz allem Hineinlauschen in die Medienlandschaft: keine Mauer in den Köpfen mehr.
Doch am 9. November stellte ich fest, daß dies nur die Ruhe vor der großen Offensive war: sage und schreibe fünf Mal wurde dieser Ausdruck von fünf verschiedenen Personen des öffentlichen Lebens auf Berichten über die Feierlichkeiten aus Berlin gebraucht. Wer das war, weiß ich nicht mehr und will es auch gar nicht wissen, denn vor lauter Schreck schaltete ich mein Gehirn weitgehend ab.
Eine Mauer im Kopf gegen die "Mauer in den Köpfen", sozusagen.
Freitag, 14. November 2014
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