Spektakuläres gibt es von der diesjährigen Leipziger Buchmesse nicht zu berichten.
Dankenswerterweise konnte ich mit dem "Perry-Rhodan"- Chefredakteur und OX- Kollegen Klaus N. Frick in seinem Dienstwagen mitfahren, was mir bahnbedingte Kaspereien wie vor zwei Jahren ersparte.
Lustigerweise hatte der BMW ein HH- Nummernschild, so daß mit einem Schwaben und einem Pfälzer, die noch dazu beide in Karlsruhe wohnen, das denkbar unhanseatischste Duo an Bord war und das Nummernschild deshalb nicht irreführender hätte sein können.
Leipzig zeigte sich im Vergleich zu vor zwei Jahren ein ganzes Stück aufgemöbelter; viele der Ruinen und Graffiti, die ich damals noch bestaunt hatte, sind inzwischen verschwunden.
Eine durchaus beeindruckende Stadt... in der ich trotzdem nicht leben möchte, denn trotz aller Sehenswürdigkeiten strahlt sie auf mich eine merkwürdige Kälte aus, die weder anziehend noch interessant wirkt... eher steril. Aber das ist nur mein subjektives Empfinden, das bereits vor zwei Jahren latent vorhanden war und sich mittlerweile noch verstärkt hat.
Natürlich gibt es auch schöne Ecken in der Stadt; das "Schlechte Verstecke", wo ich am Freitag zusammen mit Alex Gräbeldinger (ebenfalls vom OX) eine Lesung halten durfte, gehört mit seinem ranzigen Charme sicherlich dazu.
Die Veranstaltung war nicht gerade überlaufen; mal vor mehr als 20 Leuten zu lesen, ist wahrscheinlich ein Vergnügen, das mir im Leben nicht sonderlich häufig zuteil werden wird; aber die Stimmung war gut und das Bier umsonst. Das reichte für einen angenehmen Abend, bis uns ein psychopathischer Taxifahrer, der den Eindruck hinterließ, die Nachtschicht nur mit einer guten Portion bolivianischen Marschierpulvers zu überstehen, zu der WG kutschierte, wo wir untergebracht waren.
Den Rest der Messe verbrachten wir größtenteils am Stand, Leute bestaunend, die glaubten, in gONZo den Verlag ihrer Träume gefunden zu haben; Mütter von sieben Kindern, die trotz der unübersehbar prangenden "Fickt euch alle!"- Anthologie vermuteten, ein humoristisches Kleinod wie ein Buch über Alltagserlebnisse mit ihrer Familie an die Frau (Miriam Spies, die in jeden feilgebotenen Scheißdreck tapfer hineinlas) bringen zu können oder gepflegte Mittvierziger, die auf BoD sehr teuer aufgemachte Lyrikbände herausgebracht hatten und dafür nun einen richtigen Verlag suchten.
Dagegen wäre ja nichts einzuwenden; leider hatte der gute Mann das Sprachgefühl eines Traktors, so daß man nach dem Opener "Politricker" ("ein Wortspiel", wie er meinte, uns aufklären zu müssen), welcher folgende unsterblichen Zeilen enthielt: "Sie war billig/Er war willig/ Aber schlecht.... Echt!" gar nichts mehr lesen wollte, und wäre Max Frisch persönlich aufgetaucht, mit Henscheid und Kafka im Schlepptau.
Doch mein Lieblingssatz der Messe schallte von der Lesebühne herüber, wo eine verhärmte Frau Innerlichkeitsprosa mit dem Charme feministischer Buchläden in der Freiburger Fußgängerzone vortrug.
"Ich halte ihn fest, den jammernden Geist der Nacht, und mein Körper wird zum Eimer"; treffender hätte es wirklich niemand anders formulieren können.
Zum Abschluß noch mal ein Dank an diejenigen, die mir den Aufenthalt in Leipzig zum Vergnügen gemacht haben: allen voran Klaus N. Frick, der mir das Hinkommen erst ermöglichte, das reizende Ehepaar Gräbeldinger/Maus und natürlich Miriam Spies. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.
Sonntag, 25. März 2012
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