Was seht ihr Schwestern .......
Was seht ihr Schwestern, was seht ihr? Denkt ihr, wenn ihr mich anschaut: Eine mürrische, alte Frau, nicht besonders schnell, verunsichert in ihren Gewohnheiten, mit abwesendem Blick, die ständig beim Essen kleckert, die nicht antwortet wenn ihr mit ihr meckert, weil sie wieder nicht pünktlich fertig wird. Die nicht so aussieht als würde sie merken, was ihr mit ihr macht. Die willenlos alles mit sich machen läßt: „ Füttern, waschen und alles was dazu gehört“.
Denkt Ihr denn so von mit, Schwestern, wenn Ihr mich seht, sagt?
Öffnet die Augen, Schwestern, schaut mich genauer an! Ich will Euch erzählen, wer ich bin, die hier so still sitzt, die macht, was ihr möchtet und ißt und trinkt, wann es Euch paßt!
Exakt so beginnt ein Text, der gerahmt in fast jedem Altersheim hängt, in dem ich bis dato gearbeitet habe.
Der Text schließt mit der Feststellung, daß er in einem Nachttisch einer verstorbenen Bewohnerin gefunden worden sei... und zwar in einem Altersheim in Schottland. Oder North Carolina. Auch in Frankreich und British Columbia.
Gefunden wurde er auch schon von einer anonym bleibenden Sozialstation... oder gar in Pfinztal- Berghausen, wo das dortige Haus Edelberg ("Der Text wurde bei uns im Nachttisch einer verstorbenen Bewohnerin entdeckt")diesen quallendummen Unfug gleich für sich reklamiert.
Halten wir einmal fest: eine Bewohnerin (bzw. geschätzt 325 weltweit, alle mit der gleiche Idee), die vom Pflegepersonal für dement gehalten wird und bereitwillig alles mit sich machen läßt, ohne in irgendeiner Form zu protestieren, hat nicht nur die Zeit,in aller Ruhe einen dermaßen strunzblöden Riemen zusammenzuschmieren und in ihrer Schublade zu deponieren in der Hoffnung, er möge nach ihrem Tod gefunden und künftig als Mahnung an meinen Berufsstand publiziert werden.
Nein, sie kommt auch nicht auf den selbstredend völlig abstrusen Einfall, den Schwestern eine schriftliche Nachricht zukommen zu lassen (falls sie sich nicht mehr äußern kann), daß sie noch alle sieben Zwetschgen beisammen hat und auch dementsprechend behandelt werden möchte.
Ach, das Leben ist doch eines der Schönsten.
Mittwoch, 24. August 2011
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen