Was ich nicht mehr hören kann, will und muß:
Musiker, die das Verhökern ihrer Songs an die Werbung als "Weg" beschreiben, Menschen ihre Musik "nahezubringen", wie jetzt im INTRO Bibo. Oder Fibo. Oder scheiß die Wand an, wie er heißen mag, denn es spielt eh keine Rolle mehr.
Denn: muß man so jemanden noch ernstnehmen? Jemanden, der seine künstlerische Integrität dermaßen widerstandslos an der Garderobe abgibt? Der einen Song, einst entstanden unter der wahrscheinlichen Voraussetzung, sich auszudrücken, dadurch entwertet, indem er ihn zu einem Konzernwerkzeug der Konsummaximierung macht?
Natürlich werden die Songs bekannter; aber ist es wirklich im Sinne des Künstlers, daß mir sogar bei einem wirklich guten (dazu stehe ich nach wie vor) Song wie "We Are The People" von Empire Of The Sun automatisch das zugehörige Unternehmen einfällt? Kann man dermaßen naiv sein?
Wir leben in einer Art Protofaschismus, der dermaßen latent daherkommt, daß ihn die meisten höchstens bemerken würden, wenn er von heute auf morgen verschwände. Sogar dann wären sie noch so blöd, ihn zu betrauern.
Die Macht haben die Konzerne. Diese steuern den größten Teil unseres Lebens und nehmen auf immer mehr Teile davon Einfluß. Klingt nach paranoider Verschwörungstheorie, aber es wird plausibler, wenn man einmal einen genaueren Blick darauf wirft.
Parteien beugen sich der Macht von Lobbyisten, was keine sonderlich neue Erkenntnis ist. Aber damit endet der Einfluß der Konzerne auf unseren Alltag noch lange nicht. Bedenklicher ist es, daß es keine Freizeitveranstaltung, sei es im Sport, in der Musik oder sonstwie gibt, die nicht am Tropf von Sponsoren hängt, sogar Veranstaltungen, die als "alternativ" gestartet waren.
"Nun", höre ich da einige sagen, "wir haben halt nicht mehr 1950."
Das ist gut so, aber muß es trotzdem SO sein? Das Verbringen des größten Teils unserer Freizeit unter der Schirmherrschaft eines oder mehrerer Sponsoren?
Klagloses Akzeptieren, daß es doch kein Zurück mehr gibt, weil die Unternehmen überall die Preisspirale als Fundament dermaßen hochgetrieben und sich dadurch unersetzbar gemacht haben, daß bei ihrem Rückzug alles zusammenbräche?
Was wir machen, beruht häufig auf marktstrategischen Überlegungen. Rabattsysteme, die uns vorgaukeln, wir würden uns einen Vorteil verschaffen, weil es nach zehnmal Tanken ein Badehandtuch oder einen Ball (natürlich mit Konzernlogo)geschenkt gibt, während wir gegen jede Vernunft zehnmal die Tankstelle eines bestimmten Konzerns ansteuern und damit mal kurz unseren freien Willen unterdrücken.
Mittlerweile verkaufen Leute sogar ihre Träume an die Werbung.
"Was uns antreibt" ist die Instrumentalisierung unseres Lebens bis in hinterste Winkel hinein, um den Profit einer Versicherung zu mehren. Und das Erschreckende ist, daß es uns nicht einmal mehr auffällt.
Natürlich mache ich auch Werbung, mit jeder positiven Erwähnung von irgendetwas hier im Blog, seien es Plattenläden, andere Autoren oder Stammkneipen. Mit meinem Fußballfantum, das jeglicher rationaler Argumentation unzugänglich ist, unterstütze ich dieses System noch zusätzlich.
Doch es sind zumindest Dinge, zu denen ich einen persönlichen Bezug habe, und solange ich nicht auf der Straße liege, Dreck fresse und dann jemand mit einem Scheck wedelt (um die Eventualität eines Extremfalles, in dem es ums nackte Überleben geht, mal nicht auszuschließen... Menschen tun da die absonderlichsten Sachen), wird mich kein Geld der Welt dazu bringen, vor einer Kamera in eine Hühnerwurst zu beißen oder im Namen einer Versicherung zu sagen,daß ich die Frau, die ich liebe, demnächst zu ehelichen gedenke.
Natürlich kann man sich nicht allem entziehen, das wäre utopisch, und auf ein Dasein als Eremit habe ich auch nicht unbedingt Lust.
Aber es gibt durchaus vermeidbare Dinge, mit denen man Konzernen gestattet, ihren Einfluß auf das Leben jedes Einzelnen von uns auszudehnen, und sei es noch so subtil:
Meinungsumfragen, Gratisproben, Rabattmarken und -systeme, Gewinnspiele, die von Firmen gesponsort werden.
Ich habe beschlossen, mich zumindest dem allem konsequent zu verweigern.
Fuck off.
Freitag, 15. April 2011
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