Es begab sich nun also zu der Zeit, daß sich der Erzähler am Sonntag zu gottloser Zeit nach Kaiserslautern begab, in Begleitung der Herren Schneider und Bast, um die heimische Mannschaft auf dem Rathausplatz zu feiern.
Das Motto dieser Unternehmung: siehe oben.
Man darf es bereits vorwegnehmen: daraus wurde nichts. Eine bereits zu nachmittäglicher Stunde schwer schwankende Troika hangelte sich zum Hauptbahnhof und meine zwei Blindenhunde setzten mich zuerst in den Zug, da mein Intelligenzquotient infolge diverser Flüssigkeiten auf dem Level eines Gnus angekommen war, bevor sie mit ihren eigenen Unwägbarkeiten zu kämpfen hatten.
Wie ich den Zwischenstop am Mannheimer Hauptbahnhof mit einem- wenn auch gut versteckten- FCK- Schal überlebt habe, ist mir ein Rätsel, genauso wie jenes, was mich geritten hat, nicht nur noch in der Alten Hackerei einen Schlummertrunk zu mir zu nehmen, sondern auch ein befreundetes weibliches Wesen per SMS einzuladen, sich noch anzuschließen.
Letzteres klappte glücklicherweise auch nicht, denn es war Sonntagabend, und es soll ja durchaus Menschen geben, die am Montag früh rausmüssen... was mich wiederum von der unangenehmen Pflicht entbindet, krampfhaft den Abend zu rekapitulieren, um rauszufinden, ob ich mich nicht doch noch wie ein kompletter Blödmann benommen habe.
Beziehungsweise habe ich das ja bereits, aber es hätte mir vielleicht peinlich sein können.
Wenn man als Mann von einem Fußballspiel der eigenen Elf kommt und dieses nicht gerade damit verbringt, in einer V.I.P.- Lounge Schampus aus Stöckelschuhen zu saufen oder freiwillig mit seinem Arsch Hartschalensitze aus Plastik zu wärmen, sollte man keine Hoffnung mehr hegen, so etwas wie ein niveauvolles Gespräch zustandezubringen, erst recht nicht mit einer Frau, die sich nicht für Fußball interessiert.
Da fällt mir ein: einer der surrealsten Tage war die Meisterschaftsfeier 1998.
Zu viert standen wir bei brüllender Hitze am hellichten Tag irgendwo in der Pampa, breit wie die Biber, und durch unsere Sehschlitze erblickten wir auf einer entfernten Bühne schwer Faßbares: unerträgliche Gestalten wie Heino (HEINO!) und der nicht weniger kreuzwiderliche Cephas Banza (dessen afrikanische Stammesfolklore als ghanaischer König mit eigener Autowerkstatt in Ludwigshafen [sic!] nicht darüber wegtäuschen sollte, daß er ein Erzreaktionär ist, dem man- wäre er Einheimischer- längst mal die Möbel geradegezogen hätte, wenn er mal wieder für die bundesweite Einführung des allgemein verpflichtenden Kirchenbesuchs sonntags, das obligatorische Schulgebet und ähnlich geisteskranken Stuß plädiert... mittlerweile meint er sogar, uns mit deutschen Schlagern beglücken zu müssen. Böse Falle... der Typ wirkt gerne lustig, ohne es im Geringsten zu sein)waren herangekarrt worden, um dem FCK zuzujubeln (zumindest im Fall von Heino, der sich für ausreichende Bezahlung zum Ende jeder Saison mit einem anderen Vereinsschal behängen läßt, hätte man sofort die Bühne stürmen und ihn mit einem Stück Kantholz herunterprügeln müssen).
Dazu schräg vor uns ein völlig geschmacksbefreit gekleideter Mensch mit ironiefrei zur Schau gestellter Pornosonnenbrille, pastellfarbenem Hemd über Altherrenshorts mit Knopf und Reißverschluß am Stall sowie Sandalen mit Kniestrümpfen, der von uns flugs zum "König des Fratzengulaschs" gekürt wurde und für immer wiederkehrende kollektive Losprustanfälle unsererseits sorgte, wenn er gedankenverloren vor sich hingrimassierte (und- um falschen Annahmen vorzubeugen- er war definitiv NICHT behindert... um ihn herum tollte sein kleiner Sohn, der sich der offensichtlichen Horstigkeit seines Vaters zum Glück noch nicht bewußt war)... und direkt vor mir ein junger Mann, der zu irgendeinem Bauerntechno herumhüpfte.
Das allein wäre keine Erwähnung wert; aber am Hemdkragen im Genick dieses Menschen kämpfte eine kleine grüne Raupe verzweifelt (aber erfolgreich) ums Überleben, und während sie sich quasi im gegenläufigen Rhythmus bewegte, stand ich weitgehend debil in der Gegend und konnte gefühlte 15 Minuten meinen Blick nicht abwenden.
Ich mochte diese Raupe; sie war sehr tapfer.
Montag, 10. Mai 2010
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Schade! Wer weiss, wie viele Gelegenheiten es noch geben wird. Ich habe die drei Meistertizel in einer Randsportart bei vollem Bewusstsein erlebt und bin froh drüber, denn ich werde keinen mehr feiern können! Manschmal ist es schneller vorbei, als man denkt. Selbst im allmächtigen Fussball.
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