Wenn jemand ein halbes Leserleben lang- ja, es muß irgendwann kurz nach meinem 18. Geburtstag gewesen sein, daß ich auf ihn stieß- für so gut wie alles stand, was einen Schriftsteller auszeichnen sollte:
eine eigene Meinung zu haben, selbst wenn sie andere vor den Kopf stößt, einem das Gefühl zu geben, da ist jemand, von dem dich zwar in sämtlicher Hinsicht Welten trennen, der aber trotzdem ein Vorbild im Kampf gegen jegliche Form der Vereinnahmung- sei es in politischer, zeitgeistlicher oder sprachlicher Form- darstellt, der prinzipiell die Annahme von Literaturpreisen ablehnte, scheinbar um sich nicht einzureihen in den Reigen derjenigen, die von den Dümmsten und Allerdümmsten hofiert werden;
wenn so jemand im Spätherbst seines Lebens in raschen Schritten eine Dummheit nach der anderen begeht und dies in mittlerweile reichlich mißverstandenem Renegatentum wahrscheinlich immer noch für den Beweis der Unbestechlichkeit seiner eigenen Meinung hält... dann hätte man sich das Miterleben einer solchen Selbstdemontage gerne erspart.
Stattdessen werden grausliche Literaturpreise auf verschmockten Veranstaltungen abgegriffen und Artikel in Zeitungen plaziert, die in einem Kontext stehen, dessen sockenartigen Mief man beim besten Willen höchstens als "erzkonservativ" beschreiben kann und wie eine Manifestation von allem wirken, was dieser zornige alte Mann in den letzten Jahren zum Teil mit härtesten Bandagen bekämpft hat.
Nein, da hilft es auch nichts, daß manche Galionsfiguren der "political correctness" gar zu unerträglich sind. Man muß trotzdem keine Aufrufe unterzeichnen, unter die bereits Gestalten wie Heinrich Lummer und Peter Gauweiler ihren Schnörkel gesetzt haben, sondern kann immer noch bei durchaus vorhandener medialer Präsenz seine Meinung vertreten, ohne sich hochoffiziell und genauso hochüberflüssig zum Bruder im Geiste zu machen.
Das Schlimme ist, daß man ihn immer noch gerne liest, und man sich wiederum ungern in genauso öde und blöde Reihen von Bedenkenträgern einreiht, die sich wahrscheinlich aus einem wahren Keulensortiment, das sie daheim unter einer Stiege gebunkert haben, gerade die passende aussuchen.
Aber trotzdem: hätte das nun wirklich noch sein müssen, nach wie vor und wahrscheinlich schon viel zu lange sehr geehrter
Eckhard Henscheid?
Dienstag, 8. Dezember 2009
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