Sonntag, 5. Mai 2019

Vergewaltigung zum Mitgrölen

Wer kennt es nicht, das Lied vom "Donaustrand"?
Schon in meiner frühen Schulzeit zirkulierte das unter Rotten präpubertärer Jungs; warum das vor einiger Zeit aus dem allertiefsten Winkel meines Gehirns, in dem vor lauter Schimmel schon die Tapeten von den Wänden fallen, wieder grunzend und sabbernd in mein Stammhirn kroch, werde ich Ihnen noch erläutern.
Erstaunlicherweise gibt die Suchmaschine doch allerhand dazu preis: so wird das Stück tatsächlich unter den "alten, derberotischen Volksliedern" gelistet, und soll seinen Ursprung in der Soldateska sowie Studentenverbindungen haben, also zwei Männerbünde, die schon seit jeher einen beachtlichen Hang zu Subtilitäten aufwiesen. So grölte man denn mittel - bis schwerstalkoholisiert in geselliger Runde diesen erlesenen Text:

"Einst ging ich am Strande der Donau entlang
[bitte nach jeder Zeile ein "Oooh oh lalala" dazudenken]
ein schlafendes Mädel am Ufer ich fand

Sie hatte die Beine weit von sich gestreckt
ihr schneeweißer Busen war halb nur bedeckt

Ich machte mich über die Schlafende her
sie hörte das Rauschen der Donau nicht mehr"

Den gar lustigen Rest dieses Textes möchte ich Ihnen ersparen; sollten sie männlich und über 30 sein dürften Sie ihn eh kennen und bestimmt auch - wie ich - mit 12 oder 13 im Jugendfußballverein oder auf Klassenfahrt verschämt kichernd mit Klassenkameraden angestimmt haben.
Ich erwähnte es andernorts schon einmal: ich bin in einer Machokultur aufgewachsen, die größtenteils männerbündisch geprägt war (und es auch teilweise heute noch ist), und ich werde mich nicht soweit verbiegen, daß ich dies unter reumütigem Bekenntnisgefasel bedauern werde, denn vieles davon brachte einiges an Spaß in mein Leben.
Dennoch bedeutet Stillstand den Tod; manches sollten auch die rustikaleren unter meinen Geschlechtsgenossen (denen ich mich im Zweifelsfall eher verbunden fühle als irgendwelchen Sanft - und Flachquatschern) ernsthaft hinterfragen.
Zum Beispiel, ob wir es wirklich möchten, daß solch ein textlicher Abschaum, der nichts anderes ist als eine extrem ekelhafte Vergewaltigungsphantasie, weiterhin von Generation zu Generation weitergegeben wird. Und wir es somit gleichsam in kauf nehmen, daß immer wieder 12 - 15jährige diesen Dreck krähen, bis mal wieder einer dabei ist, der "provozierende" Kleidung als Aufforderung versteht, ungebeten und gegen jeden Widerstand seines weiblichen Gegenübers sein Rohr verlegen zu wollen.
Es mag ein altes Volkslied sein, aber das sind einige Soldatenlieder der Wehrmacht mit Sicherheit auch; trotzdem würde es niemandem, der noch alle Tassen im Schrank hat, einfallen, diese zu einer Ballermann - 6 - Version umzuarbeiten und ebenda auf der Bühne zu schmettern.
Das ficht aber einen Mikrocephalus wie Mickie Krause nicht an, der genau dies mit dem "Donaustrand" gemacht hat.
Genausowenig juckt das manchmal in Karlsruhe sichtbares Jungstudentenvolk. Da wird dann - das Hemd sauber in die gegürtete Hose gesteckt - in Deichmann - Schuhen nach dem geschätzten Genuß von drei Bier schwankend tapfer im Quartett dieses Lied angestimmt und dazu dreckig gegrinst, um der Umwelt zu signalisieren, was für ein wilder Molch man ist und wieviel Spaß man gerade hat. Vor allem, wenn man sein Lebtag unbedeckte schneeweiße Busen nur auf Red Tube beim Dauerwichsen vor dem Laptop zu Gesicht bekommt, außer eine Studienkollegin ist langweilig und verzweifelt genug, sich zu erbarmen. Dieser Männergesangsabend fand tatsächlich vor kurzemam Europaplatz statt, was mich zum Schreiben dieses Beitrags bewegte.
Beiden genannten Erscheinungsformen des Interpretendaseins ist eines gemein: als halbwegs denkender Mann (ja: MANN) wecken sie in einem nur den Wunsch, ihnen mit einem Stück Kantholz umgehend die Scheiße herauszuprügeln.
Es gibt tatsächlich Männer, die sich ihrer Männlichkeit bewußt sind, die aber mit solch gedankenfreien Troglodyten wirklich nicht auf einer Stufe stehen wollen.
Geschweige denn, sich irgendwie den Anschein geben möchten, daß sie derartiges noch "lustig" fänden.

R.I.P. "Donaustrand". Mögest du dort verrotten und dem Kollektivvergessen anheimfallen, wo hoffentlich noch mehr von deiner Machart vermodert.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen