Mittwoch, 8. Mai 2019

Das Ende der Euphemismen - Grundsätzliches zum 8. Mai

Der 8. Mai 1945 war der Tag der bedingungslosen Kapitulation Nazideutschlands.
In den letzten Jahren hat sich medial die Sprachregelung eingebürgert, Deutschland sei von den Alliierten und Russen nicht erobert, sondern von der Naziherrschaft befreit worden.
Natürlich war der 8. Mai ein Tag der Befreiung: für Juden, andere Verfolgte des Naziregimes und KZ - Häftlinge.
Für die von den Deutschen besetzten Länder in Europa, die nun sichergehen konnten, daß endlich Ruhe herrscht und es nirgendwo mehr Kampfhandlungen geben wird.
Für Partisanen und andere Widerstandskämpfer, die nun nicht mehr um ihr Leben fürchten mußten.
Und für die Deutschen? Die Städte waren zu Klump gebombt, das Land stand unter Fremdherrschaft; die Konsequenz des Sturms, den sie selbst entfesselt hatten.
Ich habe das Glück, nur ein Paar deutsche Großeltern gehabt zu haben, die zumindest niemals NSDAP - Mitglieder waren, sondern einfach gestrickt und apolitisch. Mein Großvater war zwar bei der Wehrmacht und kehrte kriegsversehrt zurück, war aber zeitlebens ein gebrochener Mann, der niemals damit klarkam, bei was er da mitgemacht hatte.
Inwieweit er das Regime stützte und inwiefern ihm das bewußt war, diese Antworten nahm er mit ins Grab. Aber hier soll es nicht um die Rechtfertigung oder gar Entschuldung meiner Großeltern gehen, die ich aufgrund fehlenden biographischen Wissens nicht guten Gewissens leisten könnte, auch wenn ich größtenteils bei ihnen aufwuchs und ein inniges Verhältnis zu meinem Großvater hatte.
Gehen wir stattdessen einfach einmal vom Großteil der Deutschen aus:
den Deutschen war das Naziregime nicht ohne ihr Zutun als Last aufgebürdet worden; sie hatten es nicht nur installiert und jede fragwürdige Entscheidung mitgetragen, sie haben es auch mit blindem Fanatismus bis zum bitteren Ende verteidigt. Sie haben nach dem Krieg alte Seilschaften am Leben erhalten, haben die Augen vor den Verbrechen verschlossen, wollten nichts gewußt haben.
Diejenigen, die das nicht getan hatten, waren längst tot oder im Exil. Manche, die sich nicht mit dem Regime identifizierten und nur mittaten, weil sie irgendwann keine Chance mehr sahen, dem Ganzen zu entkommen, waren die Minderheit, auch wenn das viele nach dem Krieg gerne anders gehabt hätten.
Sie haben ihre einmal kultivierte politische Einstellung behalten ohne sie zu hinterfragen, haben ehemalige Nazischergen wieder in Amt und Würden gehievt und Protestler dagegen sowie Nazijäger verfemt, verachtet und in ihrer Arbeit behindert.
Nein, Deutschland wurde nicht befreit, sondern zerstört und erobert, denn anders ging es nicht.
Und das allgemeine Wort von der "Befreiung Deutschlands von der Naziherrschaft"- so gut es auch gemeint ist, um den Alliierten ein Höchstmaß an Idealismus zuzusprechen, da sich "erobert" so falsch, fast schon nach Angriffskrieg anhört - ist in meinen Augen nur ein Euphemismus, der diese schlichte Wahrheit verschleiert.

Die Deutschen wurden nicht von der Naziherrschaft befreit. Sie wurde ihnen weggenommen.

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