Freitag, 20. Juli 2012

Ein Vorbild

Momentan führe ich mir einmal wieder die gesammelten Polemiken Eckhard Henscheids zu Gemüte. Auf gut 700 Seiten werden dort stilistisch anspruchsvoll und trotzdem äußerst gnadenlos, ohne Rücksicht auf eventuelle Folgen (und mich eben dadurch schon seit meiner Jugend ungemein prägend... müßte ich ein Vorbild benennen, auch wenn ich nie so vermessen wäre, mich auch nur ansatzweise auf die gleiche Stufe zu stellen, wäre er es) diverse Sujets vorgeführt, abgewatscht und auseinandergenommen, teilweise auch anhand von detaillierten Recherchen und Zitaten.
Daß er sich dabei nicht nur auf einfache Ziele beschränkte, sondern sich auch Kritikerlieblinge wie Hanns- Dieter Hüsch zur Brust nahm (und damit eine Flut empörter Reaktionen auslöste), spricht für seine konsequente Haltung; auch sollten diverse Sottisen Gerichtsurteile, Geldstrafen und Unterlassungsklagen nach sich ziehen (siehe bzw. googeln Sie mal die Fälle "Heinrich Böll", "Gertrud Höhler" und "Gerhard Zwerenz").
Und daß nach seinem literarischen Amoklauf gegen Bad Homburg dort überhaupt noch ein Stein auf dem anderen steht bzw. jemand freiwillig dort wohnt, kann einen nach dieser Abrechnung von Thomas Bernhardscher Schärfe nur noch wundern.
Daß er auf seine alten Tage sein Renegatentum völlig falsch versteht und inzwischen zum Grüßaugust und Apologeten der "Jungen Freiheit" verkommen mußte, ist zwar bedauerlich (ich erwähnte es bereits), ändert aber genausowenig etwas an der Qualität seiner frühen Texte wie seine im fortgeschrittenen Alter plötzlich erwachte Bereitschaft zur Entgegennahme glumpfigster Literaturpreise aus der Pratze irgendwelcher Vollpfeifen.... das ganze garniert mit erzpeinlichen Rechtfertigungen, die sogar einem Pennäler kaum jemand abkaufen würde.
Wer nicht glaubt, wie großartig Eckhard Henscheid einmal war, mag einmal die gesammelten Polemiken  im Zweitausendeins- Verlag (als Teil der dortigen Gesamtausgabe erschienen) ordern... und am besten noch die Roman-"Trilogie des laufenden Schwachsinns" mit dazu, um sich dann mit 2000 Seiten allerbestem Henscheid irgendwo einzuschließen und die Welt draußen Welt sein lassen, so saudumm und verlottert sie auch sein mag.
Der Leser wird es nicht bereuen... und mein jetziges Bedauern über den Niedergang eines unserer Größten teilen.

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