Montag, 28. September 2015

Mal was Grundsätzliches, Altenpfleger/in!

War ein Beitrag in meiner Pflegegruppe auf Facebook, aber ich denke, er sollte nicht darauf beschränkt bleiben.

ES GEHT UM DICH!
Was mir in der ganzen Diskussion um den Pflegenotstand auffällt: es wird immer davon gesprochen, daß dieser Notstand in erster Linie zu Lasten der Bewohner (Neusprech: "Kunden") geht, aber nie davon, daß er auch für uns selbst eine schwere Belastung bedeutet.
Sind wir bereits dermaßen konditioniert, daß wir es verlernt haben, unsere eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu äußern? Wir sind fast keine Menschen mehr, wir sind nahezu altruistische Wesen, die gefälligst keine normale menschliche Regung mehr zeigen dürfen. Es wird ständig erwartet, daß wir nett und freundlich sind, niemals schlechte Laune haben, und immer zuvorkommend sind... selbst wenn wir von Bewohnern grundlos beschimpft, geschlagen oder mit Gegenständen (im schlimmsten Fall Fäkalien, alles schon erlebt) beworfen werden.
Unsere Privatprobleme sind nicht existent; in jeder anderen Berufsgruppe werden sie thematisiert, bei uns wird es als Zeichen der Professionalität gewertet, wenn wir sie uns nicht anmerken lassen.
Das soll KEIN Plädoyer dafür sein, unsere Launen an Bewohnern auszulassen, bitte nicht falsch verstehen. Aber ein Hinweis darauf, daß wir normale Menschen sind wie jede andere Berufsgruppe auch, ist durchaus angebracht.
JA, ich bin manchmal schwer genervt. JA, ich habe manchmal schlechte Laune und muß mich dann noch mit absichtlich verletzenden Äußerungen nichtdementer Bewohner herumschlagen, ohne ausfällig zu werden, da sie ja schließlich Geld bezahlen, was sie in den Augen der Öffentlichkeit berechtigt, die größten Kotzbrocken zu sein.
JA, es regt mich auf, wenn Leute aus unserem Berufsstand öffentlich äußern, daß sie es ja irgendwie toll fänden, wenn sich Bewohner uns gegenüber daneben benehmen, denn "wenn ich im Heim wäre, würde ich das genauso machen, höhöhö" und dafür auch noch beklatscht werden, anstatt man sie zwingt, mal ein komplettes Wochenende in Unterbesetzung Teildienst zu machen und sich dann mit einem eingestuhlten Bewohner herumzuplagen, der während der Pflege schreit und schlägt.
Pflege ist mein Beruf, nicht meine Berufung. Ich verdiene damit meinen Lebensunterhalt, obwohl man fast schon das Gefühl vermittelt bekommt, deswegen ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Aber ich bin nicht Mutter Teresa, und auch, wenn ich versuche, meinen Beruf bestmöglich zu machen, habe ich doch kein Bedürfnis danach, mich aufzuopfern, auch wenn das manche Leute außerhalb unseres Tätigkeitsbereichs scheinbar voraussetzen.
JA, es geht um die Bewohner. Ich möchte, daß sie zufrieden sind und optimal versorgt werden.
Aber es geht auch um DICH und MICH.
Unsere Nerven, unsere Rücken, unsere Gelenke, unser Privatleben.
Es ist eigentlich schon bizarr, Leute daran erinnern zu müssen.

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