Freitag, 13. Februar 2015

Gottgesegnet

Gestern Abend in der S2, Rheinstetten Richtung Karlsruhe.
Kurz vor der Haltestelle Entenfang fragt mich eine schon etwas betagte Dame, ob ich ihr helfen könne, ihr Fahrrad aus der Bahn zu hieven.
Na klar, kein Problem. Ich verlasse kurz meinen Platz, hebe das blaue Klapprad schwungvoll über die Treppe der S- Bahn hinweg ins Freie, werde mit einem "Gott segne Sie" bedacht, kehre zu meinem Platz zurück und stelle fest, daß mein Rucksack samt dem jungen Mann verschwunden ist, der auf der Fahrt hinter mir saß.
Irgendwie hatte Gott da etwas mißverstanden.
Zum Glück ist der materielle Verlust kein Weltuntergang: ein dreckiger, alter Rucksack, befüllt mit einem verschwitzten T- Shirt, das ich im präverschwitzten Zustand bei der Arbeit trug, einer Zahnbürste samt Zahnpasta, einem FCK- Schal (hier wird es schon ärgerlicher), meinem Handy (extrem ärgerlich) und- was mir komischerweise am meisten auf die Laune schlägt- dem "Turm" von Uwe Tellkamp, bei dem ich mittlerweile bei Seite 942 von 973 angelangt war.
Verschwendet an einen vierschrötigen Knetkopf, dessen akustische Äußerungen am Handy, deren Ohrenzeuge ich vorher werden durfte, von derartig trostloser Stinkstiefel- und Knalldeppenhaftigkeit waren, daß sich der Verdacht, er habe mein Handy entnommen und den Rucksack samt Inhalt im nächsten Müllcontainer entsorgt, geradezu penetrant aufdrängt.
Und auch, wenn nichts von alledem unersetzbar ist, wünsche ich diesem charmanten jungen Mann doch einen 100 Kilo schweren Kickboxer, der ihm mitten auf der Straße grundlos in die Eier tritt.

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