Ich bleibe gerne unversöhnlich.
Vor allem Korsen hatten mit "Charlie Hebdo" recht wenig zu lachen, da die Zeitschrift auch mit ihnen sehr rüde umgesprungen ist.. Deswegen wäre aber trotzdem niemand auf die Idee gekommen, die Urheber umzubringen.
Denn über allem thront noch unangefochten die Pressefreiheit, ein Recht, das auch wir uns sehr ungerne nehmen lassen. dazu kommt der Respekt und das das tiefempfundene Mitgefühl mit den Opfern, die dafür sterben mußten, furchtlos ihre Meinung gesagt zu haben.
Denn immerhin war "Charlie Hebdo" kein stumpf- populistisches Deppenblatt, sondern eher linksgerichtet und wohl am ehesten mit der TITANIC vergleichbar.
Der korsische Politiker und Unabhängigkeitsaktivist Pierre Poggioli drückt es auf Facebook so aus:
"Obwohl ich nicht immer einige Karikaturen der Korsikas und über Korsikas im Magazin Charlie Hebdo geschätzt habe, obwohl ich es nicht schätze, irgendeine Religion ohne Hemmungen zu karikieren, auch wenn ich mich nicht in irgendeiner Weise mit der verantwortungslosen Politik Frankreichs und der Westmächte in der Welt solidarisch fühle, auch wenn ich mich nicht im Gleichklang mit der französischen Gesellschaft fühle, die meine Beschaffenheit, meine Anliegen und meine Kultur leugnet, kann ich doch nicht anders, als totales Mitgefühl für die Angehörigen der Opfer dieser furchtbaren Bluttat zu empfinden und mich vor allen Opfern des religiösen Fanatismus zu verneigen, den wir heute benennen und bekämpfen müssen [...]"
Das kann ich fast genauso unterschreiben.
Will heißen: Trauer und Fassungslosigkeit ja, aber deswegen- wie wir anno 2001 plötzlich alle Amerikaner waren, ob wir wollten oder nicht- gleich wieder das ganz große Solidaritätsfaß aufzumachen, wie momentan öfter in sozialen Netzwerken in die Welt geschickt und unreflektiert für gut befunden?
"Heute sind wir alle Franzosen! Vive la France, vive la démocratie!"
Nein. Echt nicht. Davon abgesehen, daß wir Korsen das als Nichtfranzosen schon seit Jahr und Tag unfreiwillig und ungefragt sein müssen, haben wir soviel französische "Demokratie" erfahren dürfen, daß man darüber lachen könnte, wäre der Anlaß nicht so unpassend.
*edit*
Aus aktuellem Anlaß noch ein weiteres Statement von der GHJUVENTU INDIPENDISTA, das ich auszugsweise geteilt und weiterverbreitet habe:
NOUS SOMMES CHARLIE, MAIS NOUS NE SERONS JAMAIS FRANCAIS
(Edition partielle):
"A toi, jeune corse, ne suis pas ce gouvernement dans ces « marches
républicaines » hypocrites, ne te laisse pas mener en bateau par tous
ces discours sur l’ « unité nationale », sur la « France une et
indivisible » que l’on peut entendre ces derniers jours sur notre île.
Il est sain de se mobiliser par rapport à ce drame, mais pas avec ces
gens, et pas au son de la Marseillaise qui n’est pas, et ne sera JAMAIS NOTRE hymne national.
Tu es corse, tu appartiens à ce peuple, alors n’oublie pas que cet Etat
nous traite comme une vulgaire colonie depuis plus de deux siècles,
prends conscience de cela et tourne-leur le dos !
La meilleure
réponse à ce mépris, c’est de continuer à vivre, à l’usu corsu, à
apprendre et à pratiquer le plus possible notre langue, à ne pas perdre
notre culture, qui fait ce que nous sommes, et surtout, à faire en sorte
que notre peuple ne disparaisse pas.
Perchè a nostra cuscenza hè resistenza, lotta ghjuventù l’avvene sì tù !"
Übersetzung:
WIR SIND CHARLIE; ABER WIR WERDEN NIEMALS FRANZOSEN SEIN
(Auszug):
"An dich, junger Korse, sei nicht die Regierung in diesen heuchlerischen "Republikanischen Märschen", laß dich nicht zu diesem "nationale Einheit"- und "Frankreich ist eins und unteilbar"- Diskurs, den man in den letzten Tagen auf unserer Insel hören konnte, ins gleiche Boot ziehen.
Es ist vernünftig, wegen dieses Dramas zu handeln, aber ohne diese Leute und ohne den Klang der Marseillaise, die nicht unsere Hymne ist und NIEMALS UNSERE Hymne sein wird.
Du bist Korse, du gehörst zu diesem Volk, also vergiß nicht, daß uns dieser Staat seit zwei Jahrhunderten wie eine niedere Kolonie behandelt, mach dir das bewußt und wende dich von ihnen ab!
Die beste Antwort auf diese Verachtung ist, das Leben fortzusetzen, der Gebrauch des Korsischen, unsere Sprache so gut wie möglich zu lernen und anzuwenden, unsere Kultur nicht zu verlieren, die uns zu dem macht, was wir sind, und dafür zu sorgen, daß unser Volk nicht ausstirbt.
Weil Widerstand unser Selbstbewußtsein ist, setzt die Jugend den Kampf fort!"
Donnerstag, 8. Januar 2015
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