Donnerstag, 25. Dezember 2014

Frohe Weihnachten...

wünsche ich meiner wohlerzogenen Leserschaft, sobald es sich nicht nur um Menschen handelt, die zufällig bei der Suche nach batteriebetriebenen Taschenmösen auf meiner Seite gelandet sind. Soll es ja geben.
Nehmen Sie diesen aufrichtigen Wunsch einfach so hin in Verbindung mit der Hoffnung, es möge Ihnen gutgehen; auf das restliche Geschmadder, in dem die Worte "Besinnlichkeit", "Ruhe", und "Frieden" vorkommen, verzichte ich.
Haben Sie Spaß, sei es im Kreise Ihrer Lieben oder- wenn Sie es nicht ganz so traditionell mögen- beim gepflegten Weihnachtsbesäufnis in einer Lokalität Ihrer Wahl.
Hiermit sei nun wiederum die Hoffnung verbunden, daß die Klientel dort aus mehr als sieben Leuten besteht, und sich nicht aus vereinsamten, verbitterten Weihnachtshassern, Alkoholikern sowie Frischgeschiedenen zusammensetzt, die zu sülziger Scheißmusik in ihr Bier schluchzen.

Was mich betrifft, hasse ich Weihnachten abgrundtief, und die Gründe dafür sind mannigfaltig.
Letzten Endes mag es daran liegen, daß ich meine Ablehnung des Festes, das ich in erster Linie als religiöses betrachte und daher nicht feiere, mittlerweile so weit kultiviert habe, daß mir alles, was damit zu tun hat, komplett auf die Nüsse geht, sei es die Musik, die Symbolik und das teilweise manische Konsumverhalten, das mich oft genug anwidert.
Zudem ich andererseits froh bin, an diesen Tagen von Sentimentalitäten verschont zu bleiben; bekannterweise ist der deutsche Teil meiner Familie bis auf meine Mutter, einem Onkel und einer angeheirateten Tante radikal dezimiert, zum anderen bin ich alleinstehend; würde mir jetzt das Herz überlaufen, gesellte ich mich wohl zu oben beschriebener Klientel.
Aber das soll nicht heißen, daß ich anderen ihre Freude mißgönne, was in diesem Kontext immer so klingt.
Ich gönne jedem in meinem Freundes- und Bekanntenkreis sein Fest.
Wenn Sie mir aber dennoch auch etwas wünschen wollen: ein besseres Jahr als die letzten vier wäre ein Anfang; und ein ruhiges Arbeiten an den nächsten Tagen, die ich noch komplett durchkloppen muß (Feiertage + Wochenende).
Morgen werde ich trotzdem mit ein paar alten Freunden zu unserem jährlichen (komplett unbesinnlichen) Weihnachtsessen gehen und mir danach das ein oder andere tschechische Schwarzbier in den Kopf stellen.

Ohne vorher hineinzuheulen.

Sonntag, 7. Dezember 2014

Die Hoffnung, "Netz gegen Nazis",

daß Ihr Verein samt anderer Vorzeigelinker in diesem Leben nochmal irgendwas kapiert, schwindet zusehends.
So heißt es in Ihrem dokumentarischen "Jahresrückblick Baden- Wütrttemberg":
 
"Als am 23. März 2014 in Mannheim der salafistische Prediger Pierre Vogel vor 300 bis 500 Anhänger/innen auftrat mobilisierten auch rechte Hooligans dagegen. 200 antimuslimische Rassist/innen, darunter 100 bis 150 rechte Hooligans von Waldhof Mannheim, aber auch aus  Stuttgart, Karlsruhe, Frankfurt und Kaiserslautern versuchten zu der Kundgebung der IslamistInnen vorzudringen. Die Hooligans hatten die Aktion zuvor über ein Online-Forum mit dem Titel „Weil Deutsche sich’s noch trauen“ koordiniert, aus diesem entstand später der Zusammenschluss „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa). Mit dabei war am 23. März auch der NPD-Stadtrat Hehl.
Es kam stundenlang zu rassistischen Pöbeleien und Angriffen auf Migrant/innen oder Linke."


Wie befürchtet, wird immer noch über alles, was entfernt oder auch nur angenommen mit "Migranten" zu tun hat, eine Käseglocke gestülpt und das Phänomen der Islamisten in Deutschland einfach ignoriert, nach dem Motto: wenn eine Sache rechte Gegendemonstranten mobilisiert, kann sie wohl nicht ganz verkehrt sein. Und wenn wir sie ignorieren, müssen wir uns nicht damit auseinandersetzen.
Siehe auch hier:

Am 25. Juli 2014 fand in Stuttgart beispielsweise eine solche Anti-Israel-Demonstration unter dem wenig differenzierten Motto „Stoppt die Aggression Israels und den Völkermord in Gaza“ mit 2.000 Teilnehmer/innen statt. Als Parolen wurden u.a. „Al­la­hu Akbar“ und „Kin­der­mör­der Is­ra­el“ gerufen. Auf Plakaten und Transparenten stand z.B. „Stoppt die Zionisten“, „Hey Isreal, how many Kids did you kill today?“, „Israel mordet und die Welt schaut zu“, „Israel bringt Kinder um“, „Israel ist ein Terror-Staat“, „Israel an deinen Händen klebt Blut“, „Holocaust in Gaza! Schaut nicht weg“, „Don't do what Hitler did to you“ und „Wo ist CNN, BBC, ZDF, Bild, Der Spiegel, & Co.? Ach ja sie werden mit jüdischen Kapital finanziert, deshalb dürfen nichts über den Terror des Judenstaates berichten ISRAHELL“. Dazu gab es noch Plakate mit blutigen Davidsternen, Hamas-Stirnbänder und T-Shirts mit der Aufschrift „Stop Apartheid made in Israel“. Kurzzeitig war auch eine Fahne der türkisch-faschistischen „Grauen Wölfe“ zu sehen. Bei ähnlichen Demonstrationen, u.a. in Mannheim, mischten sich auch Neonazis unter die sonstigen Israel-Hasser/innen. Neonazis versuchten auch selber Demonstrationen zu diesem Thema so organisieren.

"Sonstige Israel- Hasser/innen", also. So windet man sich butterweich um die unangenehme Aufgabe, das Wort "Islamisten" in den Mund zu nehmen, während die "Grauen Wölfe" zumindest einmal kurzzeitig Erwähnung finden, was daran liegen mag, daß diese sich gelegentlich mit PKK- Sympathisanten prügeln, die ja- wie wir seit Christiane Buchholz wissen- gerne mal in einen linken Kontext gepackt werden.
Aber die "sonstigen Israel- Hasser" scheinen ein verschwindend geringes, singuläres Phänomen zu sein, das man nicht genauer zu definieren braucht, um keine Ressentiments zu schüren. Sonst sind wir gleich wieder bei der Islamophobie.
Es zählt halt wohl immer noch die Maxime: "Der Feind meines Feindes ist mein Freund", oder zumindest mal nicht dermaßen mein Feind, wie eher der Vollständigkeit halber angefertigte Transparente gegen "Salafist*innen" bei Anti- HoGeSa- Demos zeigen. Damit bemäntelt man gerne die mangelnde Fähigkeit, sich mit einem Thema auseinanderzusetzen, das halt einmal nicht ins sorgsam gepflegte schwarzweiße Weltbild paßt.
Auf den Tag, an dem man mich als angeblichen HoGeSa- Sympathisanten gleichfalls in die rechte Ecke stellt, warte ich gespannt. Das blieb mir wohl nur aufgrund meines mangelnden Bekanntheitsgrads bisher erspart.

Aber eine Frage noch: Pierre Vogel ist Deutscher und dazu noch nicht einmal migrationshintergrundverdächtig. Wo, bitte, ist da der "antimuslimische Rassismus"? Sind Moslems oder Vollbartträger neuerdings eine "Rasse"?

Montag, 24. November 2014

Zeigefinger im Arsch (oder so)

Es war- soweit ich weiß- eine Premiere, daß ich einen Blogeintrag von mir noch einmal nachkorrigiert habe, um die Kernaussage herauszuschälen.
Altersmilde?
"Musste dich halt gleich unmißverständlich ausdrücken", so die Reaktion darauf, von mir gekontert mit 
 "dann kann ich mir gleich den erhobenen Zeigefinger in den Arsch stecken".
(nebenher fällt mir hierzu gerade eine legendäre Anekdote ein: in den 90ern, als ich in Speyer wohnte, stiegen wir in einer lauen Nacht ins dortige Freibad ein. Ein Kumpel von mir, gleichzeitig eine berüchtigte lokale Berühmtheit damals bereits fortgerückten Alters, wettete um zehn Mark, er würde nackt einen Kopfsprung vom Dreimeterbrett machen, sich dabei den Daumen in den Arsch stecken und "Winds Of Change" pfeifen. Ein paar Minuten später war er um zehn Mark reicher).
Zum Oberlehrer mag ich dann doch nicht taugen.
Aber auf was ich hinauswollte: mittlerweile habe ich für die letzten Blogeinträge doch Kritik kassiert, und zwar nicht einmal negative, sondern eher in Form der Feststellung, daß mir Wut und Biß der Anfangszeit abhanden gekommen seien... was insofern interessant ist, als daß ich am 07. 08. 13 hier
noch das Gefühl hatte, es mit dem Beißen völlig zu übertreiben und allmählich zu einer bloßen Parodie meiner selbst zu mutieren.
Das war vielleicht auch der Tatsache geschuldet, daß ich zu jener Zeit kaum noch bloggte und wenn, dann um angestauten Ärger loszuwerden. 
Aber nachdem ich mich gerade durch die "Alten Meister" von Thomas Bernhard gequält habe (zumindest in der Hoffnung auf eine stimmige Pointe am Ende, wie bei "Auslöschung"... die aber ausblieb) und nach mittlerweile vier Büchern von ihm von der ewigen Wiederkehr des Immerselben kolossal genervt bin, denke ich, daß es eine gute Entscheidung war, etwas kürzerzutreten und zumindet phasenweise eine andere inhaltliche Ausrichtung anzustreben.
Daß dieser Blog mittlerweile erstaunlich erfolgreich ist, was Zugriffszahlen belegen, von denen ich früher nur geträumt habe, beweist, daß dieser Gedanke zumindest nicht völlig verkehrt war.
Aber das allein ist es nicht. Fakt ist, daß sich mein Leben in den letzten paar Monaten gewaltig entschleunigt hat. 
Ich denke, das ist auf eine Kombination aus drei Faktoren zurückzuführen: auf meine überstandene Krankheit, natürlich. Nicht nur, daß ich die angenehmeren Seiten des Lebens wieder mehr zu würdigen weiß; ich möchte jetzt nicht allzusehr ins Detail gehen, denn das wäre zu privat, ein Beispiel soll genügen. Früher war ich eine sehr impulsive Person mit einer Neigung zum Jähzorn, die sich über Kleinigkeiten in einem teils nicht nachvollziehbaren Maß aufregen konnte. Das ist scheinbar gedrosselt, manche Situationen, die mir noch vor fünf Jahren eine Ladung Schaum vor dem Mund beschert hätten, bringen mich heute kaum noch aus der Ruhe. Dafür messe ich ihnen einfach nicht mehr genug Bedeutung bei, da ich andere Prioritäten habe.
Und das nicht aus Gründen innerer Umkehr und Einsicht, sondern weil es mit der Entfernung eines tennisballgroßen Tumors, der Teile meines Kleinhirns zusammengedrückt hatte, gleichsam verschwunden ist und ich einfach kein Bedürfnis mehr nach ständigen Tobsuchtsanfällen habe. Das klingt gruslig, fast wie eine Lobotomie in "Einer flog über das Kuckucksnest", aber es ist ein Fakt. Genauso wie der, daß mein Leben dadurch nicht zwingend unangenehmer geworden ist und ich nicht das Gefühl habe, mich in wesentlichen Charakterzügen wirklich komplett verändert zu haben.
Der zweite Faktor ist mein Alter, das ich allmählich tatsächlich spüre, was sich in einem gesteigerten Bedürfnis nach Ruhe zeigt und dem Gefühl, nichts zu verpassen, wenn ich nicht mehr der Adabei vom Dienst bin und zu jedem nichtigen Anlaß Party machen muß. Und daraus ergibt sich der dritte Faktor, daß ich selten in meinem Leben soviele Bücher gelesen habe wie in den letzten drei Jahren, was wohl auch unabsichtlich auf meinen Schreibstil abfärbt. Zumal ich mittlerweile auch versuche, Dinge und Menschen, die mich wirklich auf die Palme bringen, mit Zitaten und anderen Texten zu belegen beziehungsweise vorzuführen, um mich dadurch weniger angreifbar zu machen. So ist das nunmal.


"Früher war mehr Punkrock." Und noch früher hatte ich keine Haare am Sack.

*edit*
Dement werde ich scheinbar auch bereits. Einen guten Teil des heutigen Wortes zum Sonntag habe ich bereits hier  vorgebetet. Vergessen Sie's. Das ist ein neuer Eintrag. NEU. 

Sonntag, 23. November 2014

Anti- Anti- Castor (Remix)

Da ich aus aktuellem Anlaß noch einmal meinen Blogeintrag von 2011 betreffs meiner Ablehnung der Ablehnung von Castortransporten in die fröhliche Runde geworfen habe und er erwartungsgemäß auf geringe Begeisterung stieß, serviere ich hier nochmal einen Nachschlag in der Hoffnung, Mißverständliches eventuell zu erhellen.

Das hier war der ursprüngliche Post, und zwar lange, bevor nun in Karlsruhe auf dem Gelände der ehemaligen Wiederaufarbeitungsanlage bei 1692 dort gelagerten Fässern mit Atommüll Rostschäden festgestellt wurden.
Der Gesamtbestand der dort gelagerten Fässer beträgt gut 65. 000, und es ist nicht auszuschließen, daß im Verlauf weiterer Kontrollen noch mehr Schäden auftauchen.
Dazu die "Stuttgarter Zeitung":

Rostschäden an mehreren Hundert Atommüllfässern im ehemaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe verschärfen das Problem der fehlenden Endlagerung. Eine Gefahr für Mensch und Umwelt gebe es nicht, da die 1692 betroffenen Fässer umgepackt oder in größere Schutzfässer gestellt worden seien, erklärte Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) am Dienstag in Stuttgart. Die Kontrollen seien allerdings sehr aufwendig, sagte Untersteller und forderte: „Der Bund muss daher dafür sorgen, dass das längst überfällige Endlager Schacht Konrad möglichst zeitnah fertiggestellt wird.“
In Bezug auf beschädigte Fässer seien Hinweise auf Schacht Konrad im niedersächsischen Salzgitter jedoch irreführend, sagte ein Sprecher des Bundesamts für Strahlenschutz. „Tatsächlich ist bisher kein einziger Abfallbehälter in Karlsruhe so vorbereitet, dass er in Konrad eingelagert werden könnte.“

Soweit waren wir also schonmal. Es stellt sich hierbei für mich nicht die Frage, OB laufend weiterer Atommüll produziert wird, was ja offensichtlich ist, da der fällige Ausstieg (den ich, ich sage es nochmal, absolut befürworte) nach wie vor weiterhin verschleppt wird.
Es geht für mich um den Fakt, daß dieser ganze Atommüll existiert, irgendwo in der Walachei herumsteht, mit Sicherheit von Jahr zu Jahr nicht ungefährlicher wird und deswegen endlich einmal so verräumt werden sollte, daß er vorerst keinen noch größeren Schaden anrichten kann.
Und sei es irgendeine Wiederaufarbeitungsanlage; es ist mir lieber, er reist in eigens dafür angefertigten Behältnissen in der Weltgeschichte herum, anstatt irgendwo vor sich hinzuverrotten. 

Um mal die Argumentation der "Gegenseite" (sorry, in dem Fall sind wir halt nicht einer Meinung) aufzugreifen:


"Das viel schlimmerer Problem ist, dass immernoch NEUER Atommüll produziert wird - obwohl man ja um die Folgeprobleme Bescheid weiß. Und dagegen zu arbeiten ist sehr schwierig. Atomkraft hat eine riesige Lobby. Politisch wird sich da in absehbarer Zeit nichts nennenswert ändern, solange wirtschaftiche Argumente immer als wichtigste Argumente angesehen werden.. Und wenn zehn Hansel mit Bannern vor abgelegenen Endlagern oder AKWs herumstehen, nutzt das auch nichts. Mehr Aufmerksamkeit bekommt man da schon durchs Anketten an Bahnschienen."

Das Problem ist, daß der Müll mit oder ohne Protest anfällt, solange hier noch weitere AKW's in Betrieb sind; und daß das "Aufmerksamkeit erregen" nicht immer etwas Positives zur Folge haben muß.
Erstens sind die gigantischen Mehrkosten, die bei jedem Transport entstehen, und die nach Meinung der Anti- Atombewegung die öffentliche Meinung zu ihren Gunsten beeinflussen sollen, dem Normalbürger, der sich über die gängigen Medien informiert, absolut nicht mehr vermittelbar und erreichen somit- auch mithilfe jener Medien- genau das Gegenteil davon, was sie eigentlich erreichen sollen, nämlich zunehmenden Unmut gegenüber den Protestierenden anstatt dem korrupten Pack, dem wir diese Misere zu verdanken haben; zweitens fehlen eben jene Gelder genau in dem Bereich, wo sie eigentlich gebraucht werden könnten (die Kosten für die Umwandlung von Schacht Konrad in ein Endlager belaufen sich auf 2,9 Milliarden, wogegen 30 Millionen Mehrkosten eines Transports zwar Portokasse sein mögen, sich aber pro Transport allmählich gemütlich summieren; ob die Regierung die eingesparten Gelder für einen sinnvollen Zweck verwenden würde, sei mal dahingestellt, um einen berechtigten Einwurf vorwegzunehmen ) und drittens glaube ich an nichts mehr als an regionalen Egoismus, und zwar auf allen Seiten.
Genausowenig, wie es die meisten Einwohner hier juckte, wenn "unsere" Fässer irgendwohin nach Meuselwitz oder Stade verschickt würden, würde es dort mit Sicherheit niemanden interessieren, wenn sie hierbleiben. Vor allem, da wir als Einwohner von BaWü sowieso das Privileg haben, nach Meinung des Rests der Republik ein stinkreiches und erzkonservatives Bundesland zu sein, das die Scheiße, die es sich eingebrockt hat, ruhig selbst ausbaden kann. Nach einigen lustigen Diskussionen, die ich in Berlin führen durfte, stelle ich diese Behauptung einfach mal unbewiesen in den Raum.
Ich für meinen Teil versuche, nicht so zu denken; und gäbe es hier in der Nähe ein wirklich überzeugend sicheres Endlager, könnte man von mir aus mit Kußhand alles mögliche da hineinverfrachten, wenn es dafür aus dem Weg und die Diskussion damit beendet wäre. 
Den das ist der entscheidende Punkt: der Müll, der bisher da war, ist immer noch da. Und wird auch nach dem sofortigen Ende der Atomkraft noch da sein, sogar wenn dies via Deus ex machina morgen stattfinden sollte.

Ich bin weder für zehn Hansels mit Bannern noch für Menschenketten vor AKWs, aber der Meinung, daß es sinnvollere Wege des Anti- Atomkraft- Protests geben muß.
Breitangelegte öffentliche Aufklärung, Fakten, in welchem Maß Politiker an der Gefährdung von Umwelt und Mensch finanziell profitiert haben und damit dafür sorgen, daß diese Idioten entweder nicht mehr gewählt werden oder ihren Posten verlieren (und sei es nur auf kommunaler Ebene) sowie konzertierte Aktionen vor Partei- und Konzernzentralen nach Art der Occupy- Proteste, um Berichte zu provozieren, die mehr die Inhalte in den Vordergrund rücken und bei denen die Medien nicht nur darauf aus sind, möglichst sensationelle Bilder von Auseinandersetzungen zwischen Staatsmacht und Demonstranten zu erhaschen.
Mit Sicherheit gibt es in dem Bereich schon genug engagierte Leute, und denen gebührt mein voller Respekt.

Aber gegen die üblichen Anti- Castor- Proteste bin ich nach wie vor, da ich nach meiner Lesart keinen Sinn darin erkenne. Und daran wird sich nichts ändern

Donnerstag, 20. November 2014

Gusticus 666

"Sorry, das wird heute nichts mehr. Ich hab gerade gekotzt."
So sprach die hübsche Blondine Anfang 20, die vor ca. acht Jahren kalkweiß zombig aus der Toilette des "Carambolage", damals mein favorisierter Club in Karlsruhe, wankte. Das wäre eine bizarre Randnotiz gewesen, die man im Vorbeigehen aufschnappt und vier bis vierzig Stunden im Gehirn spazierenträgt, bevor sie sich in den Orkus verabschiedet.
Doch leider sagte sie es zu mir, nachdem sie vorher nach einer guten Stunde Nahkampftanz und Augenkontakt gemeint hatte, sie ginge jetzt nach Hause und würde mich gerne mitnehmen, müsse aber vorher kurz noch aufs Klo. So warf diese Frau mit zwei Sätzen innerhalb von 15 Minuten meinen Plan für den weiteren Abend zweimal komplett über den Haufen, und ich kehrte zu meinem eigentlichen Vorhaben zurück, das etwas mit körperlicher Bewegung und gleichzeitigem Konsum alkoholischer Getränke zu tun hatte. Auf letzteres hätte ich bei der zwischenzeitlich optionalen Abendgestaltung wahrscheinlich verzichtet.
Die Frau sah ich leider nie wieder.
Nun gut, heute sage ich mir: besser vorher gekotzt als direkt danach. In dem Fall hätten mich wahrscheinlich vage Selbstzweifel beschlichen.
Wie ich nun darauf komme?
Ich war zu einem 28stündigen Kurztrip in Berlin, um mit meinem geschätzten Kollegen Dirk Bernemann eine Lesung im bereits mehrfach erwähnten Gun Club abzuhalten.
Und da ich weiß, daß Thomas Lühr, der Inhaber desselben, hier regelmäßig mitliest, darf ich doch erwähnen, daß mir kaum etwas soviel Spaß macht wie eine Lesung in seinem Etablissement... auch wenn der Publikumszuspruch mit 12 zahlenden und ca. 4-5 nicht zahlenden Gästen auch nicht weniger bescheiden war wie in vielen anderen Läden, die ich bereits beehren durfte.
Aber nach der eher frustrierenden Südwesttour mit Christoph Parkinson und Gary Flanell, über die ich aus gutem Grund hier nichts verlauten ließ, weil man Abende mit drei Gästen beziehungsweise Lesungen in dafür denkbar ungeeigneten Locations genauso vergessen sollte wie grunzpeinliche Presseberichte irgendwelcher Hobbylokalreporter. (Kostprobe gefällig?
"Ihre Geschichten sind nicht nur autobiographisch, nicht nur aus dem Leben gegriffen, sie sind etwas fiktiv, ein bissl ficktiv, verwichst und durchonaniert, absurd und, wie Gary Flanell dem Speyer-Report erklärte: „...der Wahnsinn des alltäglichen Lebens“) 

Das klingt wie der Konzertbericht über die Halstuchhundepunkband "Omakotze".
Wenn bereits der Sinn für Selbstironie versagt und man Ereignisse gerne personifizieren würde, um ihnen mit einem armdicken Buchenast die Scheiße herauszuprügeln, sollte man sie vielleicht wirklich lieber abheften und in einer unzugänglichen Hirnwindung bunkern.
Dagegen war der Abend in Berlin trotz der geringen Besucherzahl eine sehr erfreuliche und in sich stimmige Veranstaltung, musikalisch umrahmt von Daniel Morgenroth (um niemanden zu vergessen).
Die hierzulande längst überfällige Reisemöglichkeit "Fernbus" macht solche Kurztrips finanziell tatsächlich möglich, denn für insgesamt 52 Euro Reisekosten kann man ruhig mal eine Nacht in Berlin verbringen, wenn man dazu noch- wie am Dienstag- zumindest 20 Euro der Kosten  (mein Anteil am Eintritt) wieder reinholt. Ein gewöhnlicher Kneipenabend in Karlsruhe ist erfahrungsgemäß auch nicht viel günstiger.
Doch bei aller Milde und Leidensfähigkeit angesichts der erschwinglichen Fahrtkosten: für den schnarchenden Alten in der Sitzreihe nebenan auf der Hinfahrt sowie den saufenden Alten auf der Rückfahrt ebenda, der sich bis Würzburg mit Büchsenbier und kleinen Jägermeisterflaschen zuschüttete und in unregelmäßigen Abständen - warum auch immer- ein krächzendes "Heidewitzka, Herr Kapitän" von sich gab, wünschte ich mir trotzdem den Zustieg eines hauptberuflichen Enthaupters der ISIS.
Gewürdigt werden muß natürlich außerdem das Unternehmen SERWAYS (manchmal im Verbund mit einem anderen Verbrecherverein mit dem schönen Namen GUSTICUS) auf Rastplätzen, dessen Kombination aus miesem Fraß und astronomischen Preisen wohl nur noch von den Bordrestaurants der ICE übertroffen wird. Leider ist der alleinige Verzehr von Brezeln und Erdnüssen während acht Stunden Fahrt doch etwas unbefriedigend, so daß man sich auf der halbstündigen Pause wider besseren Wissens doch eine warme Mahlzeit bestellt... zum Beispiel eine Currywurst in einer Soßenschale voll schauderhaft nach "Lecken am Fensterkitt" schmeckender Krätztunke mit einer Handvoll Pommes für geschmeidige 6 Euro 99. Was haben wir gelacht.
Apropos "Kotzen": da krieg ich ja zur Abrundung wieder die Kurve zum Beginn dieses Eintrags.
Denn ich kam auf diese mißglückte One- Night- Stand- Geschichte nur, weil ich beim Kollegen Bernemann wirklich und wahrhaft die erstaunliche Feststellung machte, daß es weibliche Schriftstellergroupies gibt, die darauf aus sind, sich nach Lesungen von einem Autoren durchbürsten zu lassen.
Bisher ging diese Tatsache völlig an mir vorbei, aber da ich sowieso seit einiger Zeit wieder ungebunden bin, macht mir das Hoffnung. Vielleicht saßen auch bei mir schon welche im Publikum und trauten sich nicht, mich anzusprechen? Oder ich habe sie ignoriert, weil ich liiert war?
Nun denn: also, meine Damen, nächstes Mal keine Scheu.

Und bitte nicht kotzen.

Freitag, 14. November 2014

Tearjerker- ein Outing

Normalerweise bin ich ja nicht sonderlich empfänglich für die emotionalen Komponenten des Trash- und Hausfrauenfernsehens.
Eine Sendung hat mich jedoch völlig auf dem falschen Fuß erwischt und tut es jedesmal, wenn ich beim zufälligen Herumschalten auf der Fernbedienung darauf stoße, wieder (das "Herumschalten" ist keine Ausrede; ich habe kein Programmheft, da ich kaum noch fernsehe, und wenn ich Gelüste darauf habe, zappe ich ziellos so lange durch, bis ich bei irgendwas hängen bleibe, zumeist bei irgendwelchen Dokumentationen über Kriege, Knäste, Altnazis oder allen dreien gleichzeitig).
Es handelt sich wirklich und wahrhaftig um "Bitte melde dich!", die Familienzusammenführungssendung mit Julia Leischik.
Ständig habe ich bei dieser nach ca. 10 Minuten ungefähr anderthalb Klöße im Hals, ohne etwas dagegen tun zu können, denn es ist wirklich komplett zum Herz- und Steinerweichen.
Vielleicht merke ich daran, daß ich älter werde und bereits einige dramatische Lebenssituationen zu bewältigen hatte, die nicht spurlos an mir vorübergingen.
Natürlich ist das zugegebenermaßen Fernsehen, das auf die Quote schielt und dramaturgisch geschickt inszeniert wird; dennoch sind die gezeigten Emotionen mit einem Minimum an Empathie dermaßen nachvollziehbar, daß man das Ganze nur mit einem gerüttelten Maß an Misanthropie respetive Zynismus übersteht, ohne "etwas im Auge zu haben", ganz zufällig. Und die ersteren beiden Eigenschaften sind mir seit 2011 zumindest teilweise abhanden gekommen.
Sie glauben mir nicht? Dann schauen Sie sich diese Folge an, die mir letztens schwer zu schaffen machte. Ich bin mal gespannt, wie lange sie standhaft bleiben.
Tun Sie es zumindest mir zuliebe, ich will mich nicht allein ergeben müssen:

Julia Leischik: Folge mit Hammouda und Anita

Das Gespenst

Man hatte es beziehungsweise sie fast schon vergessen. Oder verdrängt.
Doch nun, zu den Feiern des 25jährigen Mauerfalljubiläums, wurde es/sie wieder herausgekramt und durch die Medien gescheucht.
Es handelt sich um die Floskel von der "Mauer in den Köpfen". Wurde diese in den ersten Jahren nach dem Zusammenbruch der DDR beziehungsweise derem Jubiläum ständig beschworen, hochgezogen und wieder abgerissen, vor allem von salbungsvollen Gestalten wie Johannes Rau selig ( "Wir dürfen und wir werden uns mit der Mauer in den Köpfen und den Abschottungen in den Herzen in Deutschland niemals abfinden") oder Christian Wulff unselig ("ein Ideal der Begegnung ohne Mauern in den Köpfen"), gab es sie manchmal auch als pure Imagination (Sachsen Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU): "Die immer zitierte Mauer in den Köpfen ist meinem Eindruck nach zu einem großen Teil herbeigeredet"...was der gnomige Schwafler übrigens auch in seiner Zeit als sächsischer Ministerpräsident über Neonazis im Osten behauptete, denn die gäbe es ebenfalls nicht, nur "einfache Ganoven", aber egal) oder gar aus dem geschichtlichen Zusammenhang gerissen in der schwulen Variante ("...will der CSD Düsseldorf dazu beitragen, „Mauern mit den Köpfen niederzureißen“, wie die Veranstalter auf ihrer Homepage schreiben.").
"Die Mauer ist gründlich verschwunden, die Mauer in den Köpfen ist eher eine Behauptung derer, die niemals die Vereinigung gewollt haben, als Realität", so Ex- Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld in einem Interview mit biedenkopfscher Überzeugung... und wenn sie schon nicht da ist, mußte man sich zumindest ihre theoretische Existenz vorstellen, um diese ranzige Phrase benutzen zu können, immer und immer wieder, wie "Sinn machen", "Spaßfußball" oder das "Umschaltspiel".
Scheinbar sind Floskeln eine Art Dschinn: kaum läßt sie irgendjemand einmal aus der Flasche, bereisen sie fliegenderweise die Lande, um ständig ihren Kopf aus Fernsehen, Radio oder Presseerzeugnissen zu stecken, ihrem Verbreiter wohl das Gefühl gebend, ein solides Bonmot vom Stapel gelassen zu haben.
Doch plötzlich war Ruhe. Trotz allem Hineinlauschen in die Medienlandschaft: keine Mauer in den Köpfen mehr.
Doch am 9. November stellte ich fest, daß dies nur die Ruhe vor der großen Offensive war: sage und schreibe fünf Mal wurde dieser Ausdruck von fünf verschiedenen Personen des öffentlichen Lebens auf Berichten über die Feierlichkeiten aus Berlin gebraucht. Wer das war, weiß ich nicht mehr und will es auch gar nicht wissen, denn vor lauter Schreck schaltete ich mein Gehirn weitgehend ab.

Eine Mauer im Kopf gegen die "Mauer in den Köpfen", sozusagen.

Samstag, 8. November 2014

Liebe Pflegekräfte, alles wird gut!

Denn wir haben tatkräftige Unterstützung, und somit kann uns nichts mehr passieren. Das Volk wird endlich aufgerüttelt! Aber seht selbst:



Was soll man dazu noch sagen? Vielleicht folgendes:
Danke, daß wir nicht streiken, weil wir keine Möglichkeit dazu haben. Danke, daß man dafür mit uns machen kann, was man will. Danke, daß sich auch kein Schwein für uns interessiert, außer es ist direkt oder indirekt davon betroffen. Danke, daß wir keine Lobby haben. Danke, daß es jedesmal, wenn jemand den Pflegenotstand anprangert, heißt: "das geht nicht gegen das Pflegepersonal", obwohl es genau daraufhin rausläuft. Danke für die ganzen Unterstellungen (Demente werden sediert, weil man keine Lust hat, sich um sie zu kümmern; Leute werden per PEG ernährt, weil das bequemer ist, als Essen zu reichen... etc.). Danke, daß jeder ausgemachte Depp, auch wenn er absolut keine Ahnung von der Materie hat, unwidersprochen in den Medien seinen Quatsch zu dem Thema von sich geben darf und das Ganze möglichst reißerisch breitgetreten wird. Und deswegen: danke, danke und nochmals danke für dieses ganze scheinheilige Scheißgelaber. So, das mußte mal raus.

Freitag, 31. Oktober 2014

Bizarre Kontraste

Manchmal führt mich die Suche nach der dunklen Seite des Menschen auf sonderbare Wege.
Zum Beispiel auf eine Internetseite, die penibel alle in Texas durchgeführten Hinrichtungen auflistet, samt Informationen über die Täter sowie der exakten Wiedergabe ihrer letzten Worte:

http://www.tdcj.state.tx.us/death_row/dr_executed_offenders.html

Hierbei fiel mir ein Fall durch den Kontrast zwischen der unfaßbaren Brutalität des Verbrechens (die Lektüre des Tathergangs empfehle ich Ihnen nur, wenn Sie über ein halbwegs stabiles Nervenkostüm verfügen) und der völlig religiös- esoterischen Schwurbeligkeit der letzten Worte auf, der den komplett irren Gesamteindruck vollendet abrundet.
Dies soll kein Plädoyer für oder wider die Todesstrafe sein... sondern nur ein Blick in menschliche Abgründe, die man sich nicht ausdenken könnte, ohne sich dabei selbst halbwegs geisteskrank zu fühlen. Man mag es moralisch verwerflich finden, einen Hingerichteten dermaßen vorzuführen, da die Seite jedoch öffentlich einsehbar ist, hält sich mein schlechtes Gewissen in Grenzen... es trifft schließlich keinen netten, armen psychisch Kranken, der hier dem Gespött preisgegeben wird.
Ich kann Sie natürlich nicht daran hindern, mich trotzdem für ein Arschloch und diesen Eintrag für mindestens zwiespältig zu halten. Aber damit muß ich leben. Zum Lesen anklicken:






Nicht schön. Doch nun die letzten Worte:

"The Polunsky dungeon should be compared with the Death Row Community as existing not living. Why do I say this, the Death Row is full of isolated hearts and suppressed minds. We are filled with love looking for affection and a way to understand. I am a Death Row resident of the Polunsky dungeon. Why does my heart ache. We want pleasure love and satisfaction. It. The walls of darkness crushed in on me. Life without meaning is life without purpose. But the solace within the Polunsky dungeon, the unforgivesness within society, the church Pastors and Christians. It is terrifying. Does anyone care or who I am. Can you feel me people. The Polunsky dungeon is what I call the pit of hopelessness. The terrfying thing is the US is the only place, country that is the only civilized country that is free that says it will stop murder and enable justice. I ask each of you to lift up your voices to demand an end to the Death Penalty. If we live, we live to the Lord. If we die we die to the Lord. Christ rose again, in Jesus name. Bye Aunt Helen, Luise, Joanna and to all the rest of yall. You may proceed Warden." (began singing)

Amen.

Keine Rechtfertigung notwendig.

Die Überschrift ist mit Bedacht gewählt: daß ich eine Demonstration, unter deren Teilnehmern ein ordentlicher Prozentsatz Neonazis zu finden ist- wie am 26. 10. in Köln die sogenannte "Hooligans gegen Salafisten"- Manifestation- nicht wirklich gutfinde, dürfte jedem, der mich ein bißchen kennt beziehungsweise diesen Blog verfolgt, nicht zwingend überraschen.
Doch genauso albern finde ich, wie in der Presse damit umgegangen wird. Mittlerweile ist in immer neuen Berichten die Teilnehmerzahl von anfänglich 3000 (laut SPON vom 27.10. gar "annähernd 3000 Randalierer", also schon nach oben aufgerundet) über 4000 und 4500 auf - laut "taz"- mittlerweile 4800 Demonstranten gestiegen, die zudem nun zusätzlich auch noch "Jagd auf Migranten und Linke" machten.
Da fragt man sich: wo hatten die zusätzlichen Teilnehmer sich alle verkrochen? Unter dem umgestürzten Polizeiwagen? Und wann wird die 10 000er- Grenze endlich überschritten? Gibt es dann Freibier?
Und warum muß die "taz" in diesem Artikel noch ein Zitat von 1983 des 1991 verstorbenen Michael Kühnen bemühen, als wäre in den letzten gut 31 Jahren nichts passiert und als gäbe er aus seinem Blumentopf heraus noch irgendeine Marschroute vor?
Was Stimmungs- und Panikmache angeht, braucht sich die linke vor der bürgerlichen und gar Boulevardschweinepresse nun wirklich nicht zu verstecken. Ein sehr guter, (etwas zu) umfangreicher und nichtsdestotrotz lesenwerter Artikel von Karl Nagel sei hiermit zur weiterführenden Lektüre empfohlen.

Doch was sind die Schlußfolgerungen aus diesem ganzen Quatsch?

"Die Linke sollte nicht tatenlos zusehen, wie der Kampf gegen den IS von der Rechten vereinnahmt wird". So stand es auf einer einschlägigen Website, die ich leider nicht mehr finde.
Nur setzt das voraus, daß die Linke allgemein in diesem Bereich etwas Substantielles zu melden hätte. Hat sie aber nicht.
Stattdessen arten  Demonstrationen gegen die IS in Solidaritätsbekundungen für die PKK aus, die jedem halbwegs empfindsamen Menschen als Organisation aus bereits erwähnten Gründen suspekt sein sollte; und wagt man es, den Salafismus zu kritisieren, kommt mit Sicherheit immer noch jemand, der die "Islamophobie"- Keule schwingt. Ein schönes Beispiel findet sich hier.

Ist es dann ein Wunder, daß sich weitgehend unpolitische Dumpfbacken mit der Meinung "HoGeSa tut zumindest einmal was" vor diesen Karren spannen lassen?
Beziehungsweise: wäre es auch als Linker möglich, einmal gegen die unerträglichen Veranstaltungen eines Pierre Vogel oder Sven Lau zu demonstrieren, ohne sich überzogener Kritik aus den eigenen Reihen stellen zu müssen, weil man damit orientierungslose junge Migranten angeblich in die Arme der Salafisten treibt?
Einen Vorteil hatte die HoGeSa- Demo jedoch: zumindest tauchten bei der Gegenveranstaltung endlich einmal Transparente auf, die brav die Stellungnahme "Gegen Hooliganismus und Islamismus" verkündeten oder, besser noch:
"Hooligans und Salafist*innen, verpißt euch"... um die Gendergap ja nicht zu vergessen, bevor sich irgendeine Vollbartträgerin diskriminiert fühlt.
Ein Aufbruch zu neuen Ufern? Sind wir irgendwann tatsächlich bereit, Faschisten unabhängig von ihrer Herkunft als ebensolche zu brandmarken, ohne ermüdende Grundsatzdiskussionen zu führen?
Und braucht es weitere HoGeSa- Demonstrationen, um einem klarzumachen, daß man nicht zwangsläufig für eine Sache sein muß, um gegen die andere zu sein? Denn wo Anti- Naziparolen nicht mehr genügen, weil deren (vorgebliches) Haßobjekt auch nicht für 2 Cent erträglicher ist, lernt der eine oder andere Parolendrescher vielleicht doch noch die Kunst ausgewogener Argumentation.

Montag, 20. Oktober 2014

Nachrichtensender N24!

Das Herausarbeiten von Kernaussagen scheinen Ihre Mitarbeiter zu beherrschen wie kaum jemand anders.
So wurde über Facebook folgende schockierende Nachricht publik gemacht:


Horror-Unfall im Zoo: Bär beißt Jungen den Arm ab
Ein Junge will in einem Zoo einen Bären füttern. Die Eltern sind unaufmerksam. Der Kleine streckt seinen Arm durch das Gitter. Der Bär kommt angelaufen und schnappt zu.

Das ist vorbildlich, denn niemand möchte sich allzulange  mit kompliziertem Satzbau aufhalten, wenn er beim Frühstückskaffee sitzt und in ein paar Minuten zur Arbeit muß.
Aber Sie kommen über gute Ansätze kaum hinaus, das Ganze geht nämlich noch kürzer. Darf ich Ihnen meinen Alternativvorschlag unterbreiten?

"Brumm-Brumm. *happs* Aua!"

Christine Buchholz (LINKE)!

Da es für mich wirklich nur schwer nachvollziehbar ist, in welchem Paralleluniversum Sie existieren, lassen Sie mich noch einmal die Quintessenz Ihres Wirkens und Waltens zusammenfassen und auf einen erhellenden Moment hoffen:

Studiert haben Sie also nicht nur "Erziehungswissenschaften, Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt Politik und Religion in Hamburg", was nun wieder die Frage aufwirft, was eine dezidiert linke Gesinnung und zweites Studienfach- gar als Schwerpunkt- miteinander zu tun haben; nein, das darf natürlich auch nicht fehlen:  Islamfeindlichkeit ist der neue Rassismus und ideologische Begleitmusik des so genannten Krieges gegen den Terror, behaupten Sie auf Ihrer Homepage.
Davon abgesehen, daß Klassifizierungen wie "alt" und "neu" in Verbindung mit dem Begriff "Rassismus" kompletter Unfug sind (und "Islamfeindlichkeit ist der neue Antisemitismus" zumindest noch eine Spur unzurechnungsfähiger klänge), frage ich mich, wo im Kampf gegen den IS nun die Ideologie begraben sein soll. Ein neuer Kreuzzug zur Christianisierung des Nahen Ostens? Die Errichtung eines neuen Jerusalem? Oder die allgemeine Betrachtung von Muslimen als Untermenschen, die es auszumerzen gilt, angefangen hierzulande und weitergeführt dort?
Denn eines ist sicher: Sie sind für Frieden auf Gottes weiter Welt.
Das sieht man nicht nur daran, daß Sie auf Ihrer Homepage unter der Rubrik "Spenden" mit Ihrer Großzügigkeit hausieren gehen ("Zusätzlich leiste ich einmalige Spenden an verschiedene Projekte, z. B.: Projekt zurück – Flüchtlingsprojekt, Antimilitaristisches Konzert in München, European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) Berlin, Sozialatlas Kassel, die Bamako-Dakar-Karawane, Proteste gegen die Nato Sicherheitskonferenz in München, Gedenkstein Opfer der NS Militärjustiz, Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora e.V., Antirepressionsarbeit Dresden Nazifrei 2011, Filmprojekt „Wer rettet wen?“, Internationale NATO-Konferenz von No to War – No to NATO, Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum, Veranstaltungsrundreise von chilenischen Aktivistinnen und Aktivsten, Knastpatenschaft „Krieg-Nirgendwo“, Förderverein Frieden e.V. „Protestbündnis gegen Petersberg II, CFM verdi Streik, Obdachlosenweihnachtsfeier der Jenny de la Torre-Stiftung, Newroz –Delegation nach Kurdistan zum kurdischen Neujahrsfest 2013, Pax an! Atomwaffenfrei u.a., sowie verschiedene Initiativen von Gliederungen der Partei DIE LINKE, des Linke.SDS und der Linksjugend.solid."...exakt so steht es ebenda geschrieben) sondern auch daran, daß Sie öffentlichkeitswirksam selbst(?)beschriftete Pappdeckel in die Kamera halten und Parteigenossen auffordern, diese Photos auf Facebook weiterzuverbreiten.
Auf diesen steht dann etwa "Solidarität mit dem Widerstand in Kobane! US- Bombardement stoppen!", was nicht etwa ein Widerspruch ist, nein, denn:
 
"Der IS kann nur von unten, aus der irakischen und syrischen Gesellschaft heraus geschlagen werden. Es gibt in den arabischen Städten des Iraks und Syriens Kerne einer politischen Linken, die den Bezugspunkt für die internationale Linke bilden müssen."

Was wiederum ihrer Meinung nach in erster Linie durch eine Aufhebung des PKK- Verbots erreicht werden soll, einer Organisation also, die bei ihrem bewaffneten Kampf nur wenig Rücksicht auf Menschenleben zu nehmen scheint (wobei die Getöteten in erster Linie türkische Soldaten waren, was in Ihrem dezidiert antimilitaristischen Weltbild wahrscheinlich eine logische Konsequenz aus der Entscheidung für das Soldatsein und deswegen zu rechtfertigen ist). Zumindest erscheint das aber als das geringste Übel.
Denn:

"Die Entscheidung, mit Waffen am Irak-Konflikt teilzunehmen, verstrickt die Bundesrepublik Deutschland in den nächsten Nahostkrieg – mit unabsehbaren Folgen.
Um ihre Beteiligung an der US-geführten Kriegskoalition zu rechtfertigen, will uns die Bundesregierung Glauben machen, im Irak begingen nur der IS Gräueltaten. Sie verschweigt, dass sich das Regime in Bagdad lediglich dank der Unterstützung durch radikal-schiitische Milizen hält, die wie der IS von Rassismus durchdrungen sind – unter umgekehrten Vorzeichen."

Sprich: der Westen soll sich aus allem raushalten, denn er ist böse. Stattdessen müssen wir einfach nur das PKK- Verbot aufheben und den Kurden ganz fest die Daumen drücken, und alles wird gut.
Das wird die Peschmerga samt ihren altersschwachen Flinten besonders freuen, die die IS stattdessen auch gleich mit Obst bewerfen könnten. Der Effekt wäre vermutlich derselbe, nur daß dabei niemand so schnell totgehen würde, während wir hier mit Ihnen im Verbund mit Margot Käßmann Friedensmahnwachen und Solidaritätslichterketten für Kobane abhalten, wofür die Kurden wahrscheinlich sehr dankbar sein werden.

Schön, solche Gedankenspiele über eine "Frieden schaffen ohne Waffen"-eske Welt. Ich könnte ja noch eine zeitlang so weitermachen, aber es ist 2 Uhr 05, und ich will nicht nur allmählich in mein Bett, sondern auch nicht noch mehr Zeit mit Ihrem Gesabbel verschwenden. Zumindest der erhellende Moment ist da... und er unterscheidet sich nach der Lektüre des ganzen Quatsches auf diversen Internetseiten nicht von meiner zu Beginn der Niederschrift gefaßten Meinung.
Deshalb möchte ich mich um Abschluß selbst zitieren, und zwar mit der Nachricht, die ich Ihnen auf Ihre Facebook- Pinnwand gepostet habe:

"Das wirrste Gefasel, das ich seit langem gelesen habe sowie der unschlagbare Beweis dafür, wie auch in offenbar wohlmeinenden Köpfen gerade alles rumpeldumm durcheinandergeht. Bitte machen Sie weiter so. Ich amüsiere mich prächtig. P.S.: ich habe tatsächlich DIE LINKE gewählt. Sollte ich noch eine Chance haben, meine Stimme im nachhinein für ungültig erklären zu lassen, bitte melden."


Sonntag, 19. Oktober 2014

Rhetorische Perlen

Die Seite "Rhetorische Perlen von AfD- und NPD- Anhängern" macht bis zu einem gewissen Grad Spaß.
Allerdings wird dieser Grad schnell überschritten, wenn man sich vergegenwärtigt, daß hinter jedem der vorgeführten Posts, so legasthenisch und strunzdumm sie auch formuliert sein mögen, tatsächlich ein realer Mensch steht, der da draußen frei herumläuft und den Kopf offensichtlich voller Haustierexkremente hat.
Und da braucht es keine sonderlich linkspolitisch linientreu motivierte Humorfreiheit, damit einem das Lachen sehr schnell vergeht.
Sehen Sie selbst, vorgeführt am Beispiel vom Grabner Franz. Ja, es sind lauter lustige Rechtschreibfehler drin, aber das soll nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, daß der gute Mann diesen widerlichen Dreck, den er da von sich gibt, wirklich ernst meint, was ein kurzer Besuch auf seiner Facebookseite bestätigt.
Und da steht man dann vor dem altbekannten Dilemma: lachen oder "fall tot um, du dummes Stück Scheiße".


Freitag, 17. Oktober 2014

Irgendwelche Nerds im Haus?

Momentan werde ich auf Facebook häufig zu sogenannten Challenges herausgefordert: nenne deine 10 liebsten Bücher, Filme, Platten, Bücher... was eigentlich schon schwer genug ist, wenn man sich bereits seit Jahr und Tag mit kaum etwas anderem beschäftigt. Nun kam eine Aufforderung bei mir an, die mir nahezu unmöglich erscheint: 10 Songs. In Worten: zehn.
Vor geraumer Zeit habe ich mir mal die Mühe gemacht, im ME- Forum eine Liste von 100 Songs zu erstellen, die für mich wichtig sind und festgestellt, daß die schon gänzlich unvollständig war. Eigentlich hätten es mindestens 500 sein müssen, und selbst dann hätte ich das Gefühl der Unvollständigkeit nicht verloren.
Jedoch hatte ich ebenda zu jedem Song einen kurzen Begleittext geschrieben, das warum und wieso meiner Wahl erklärend, und nach 100 Stück war dann auch einfach mal gut, um das Ganze nicht völlig beliebig erscheinen zu lassen und außerdem in diesem Leben auch noch was anderes zu tun.
Mich verlangt es ständig nach musikalischem Input, den ich mir bergeweise zu Gemüte führe, und für mich gibt es mittlerweile nur noch drei Arten von Musik: "Gefällt mir", "ist mir egal" und "Gefällt mir nicht". Denn  seit ich mit zunehmendem Alter meinen Geschmack erweitert habe, höre ich auch wieder eine Menge Sachen , die ich mit 20 nicht mal mit der Beißzange angefaßt hätte. Und dazu stehe ich auch. Ich bin mittlerweile zu alt, als daß mir Musik noch peinlich wäre, und vor 19jährigen Punks als uncooler alter Sack dazustehen, ist nicht wirklich meine Hauptsorge dieser Tage.
Nichtsdestotrotz: um einen angemessenen Überblick zu bieten, der über 10 Songs auf Facebook hinausgeht, verlangt meine Statistikerseele doch zumindest mal 100 Songs. Deswegen ohne weiteren Kommentar meine hierzu erstellte Liste.
Angemerkt sei nur noch, daß lediglich die Plätze 1-7 sich in diesem Leben wahrscheinlich nicht mehr ändern werden, der Rest ist je nach Tag und Laune variabel. Und mein aktuelles Lieblingslied ("Girlfriend Is Better" von den Talking Heads, noch dazu eine meiner liebsten Bands) taucht in dieser Aufzählung nicht mal auf.

Hier also:
100 SONGS, DIE MICH BEEINDRUCKT HABEN (und Platz 77 ist kein Versehen, sondern mein Ernst):

01 Iggy Pop: The Passenger
02 The Church: Under The Milky Way
03
Big Black: Kerosene
04
The Stranglers: Golden Brown
05
Sixteen Horsepower: American Wheeze (Night Owl Session)
06
Cantu U Populu Corsu: L'armata di l'ombra
07
Unsane: Body Bomb
08
Wu- Tang Clan: Wu- Tang Clan Ain't Nuthing Ta Fuck Wit'
09 Hot Snakes: Salton City
10
Isaac Hayes: Theme From Shaft

11
Slayer: South Of Heaven
12
Black Moon: How Many MC's...
13 The Jesus Lizard: Nub

14
Spliff: Déjà Vu
15
Paris: The Devil Made Me Do It
16
The Trashmen: Surfin' Bird
17
Dr. Dre: Still D.R.E.
18
Iggy and the Stooges: Cock In My Pocket 
19 Ween: Buenas Tardes Amigo

20
Killing Joke: The Death And Resurrection Show
21
Tricky: Ponderosa
22
Refused: New Noise
23
Nick Cave and the Bad Seeds: Do You Love Me?
24
James Brown: Super Bad
25
Curtis Mayfield: Superfly
26
Helmet: In The Meantime
27
R.E.M.: The One I Love
28
The Rolling Stones: Can't You Hear Me Knocking
29
Tom Waits: 16 Shells From A Thirty- Ought- Six

30
Howlin' Wolf: Fourty- Four
31
Cypress Hill: Hand On The Pump
32
Miles Davis: Dr. Jackle
33
Element Of Crime: Weißes Papier
34 The
White Stripes: Seven Nation Army

35
Faith No More: Jizzlobber
36
Anne Clark: Our Darkness
37
Masta Ace Incorporated: Born To Roll
38
Muddy Waters: I've Got My Mojo Workin'
39
Joe Jackson: Steppin' Out

40
Kyuss: El Rodeo
41
Gang Starr: Take It Personal
42
Rutabaga: String's Gonna Get You
43
NoMeansNo: Now
44
Brand Nubian: Punks Jump Up To Get Beat Down
45
Fine Young Cannibals: Johnny Come Home
46
Screamin' Jay Hawkins: I Put A Spell On You
47
Suicidal Tendencies: You Can't Bring Me Down
48
ZZ Top: Arrested For Driving While Blind
49
Men Without Hats: The Safety Dance

50
mclusky: To Hell With Good Intentions
51
Viva L'Américan Death Ray Music: Sycophant
52
Gil Scott- Heron: Me And The Devil
53
Beastie Boys: Rhymin' And Stealin'
54
Grandmaster Flash and the Furious Five: The Message
55
Black Sheep: The Choice Is Yours
56
Georg Kreisler: Tauben vergiften
57
Massive Attack: Unfinished Sympathy
58
N.W.A.: Straight Outta Compton
59
Girls Against Boys: Bullet Proof Cupid

60
Schnuckenack Reinhardt Quintett: The Man I Love (Live)
61
Motörhead: Mean Machine
62
Crime Kaisers: Kill Kill Kill
63
Trend: Wir haben einen Auftrag
64
Prong: Whose Fist Is This Anyway?
65
Frankie Goes To Hollywood: The Power Of Love
66
Lou Reed: Dirty BLVD
67
Fugazi: Reclamation
68
Stump: Buffalo
69
Wall Of Voodoo: Mexican Radio

70
The Who: Happy Jack
71
The Beatles: Hello Goodbye
72
Adriano Celentano: Una Festa Sui Prati
73
Spectre feat. Sensational: Pillars Of Smoke
74
Jeru The Damaja: Come Clean
75
Mule: We Know You're Drunk
76
John Lee Hooker: Boogie Chillen
77
Genesis: Mama
78
House Of Pain: Back From The Dead
79
Baby Huey: Hard Times

80
Bob James: Nautilus
81
Shorty: Coopie N' Me
82
Melvins: Joan Of Arc
83
Captain Beefheart and the Magic Band: Ice Cream For Crow
84
Peter Moesser's Music: Happy Time
85
Shellac: Wingwalker
86
Billy Idol: Rebel Yell
87
Eric B. & Rakim: Know The Ledge
88
Stevie Wonder: Sir Duke
89
Clutch: A Shogun Named Marcus

90
The The: Slow Train To Dawn
91
Jackie Wilson: Higher And Higher
92
Sade: Smooth Operator
93
Sick Of It All: Just Look Around
94 The Housemartins: Happy Hour
95 Nino Ferrer: Le Téléfon
96 Ian Dury and the Blockheads: Hit Me With Your Rhythm Stick
97
Grace Jones: Pull Up To The Bumper

98 Pantera: Mouth For War
99 Kate Bush: Cloudbusting
100
Dr. Dre feat. Snoop Dogg: Deep Cover

In eigener Sache:


Freitag, 10. Oktober 2014

Der widerwärtige Dialekt

Ich weiß: de mortuis nil nisi bene. Oder, weniger geklugscheißert: über Tote soll man nur Gutes sagen, auch wenn mir dieser Spruch noch nie logisch vorkommen wollte.

Gestorben ist vor geraumer Zeit leider auch Martin Büsser, was aber nichts daran ändert, daß mir folgendes Zitat aufstieß, als ich im Rahmen der unsäglichen reichsdeutschen Kaspereien Xavier Naidoos auf einen Verriß eines seiner Alben auf der INTRO- Homepage stieß, für den ersterer verantwortlich zeichnet:

Wenn Mannheim, diese schreckliche, zur Stadt aufgeblähte Großkaserne mit Bewohnern, die einen widerwärtigen Dialekt sprechen (alle klingen dort wie Joy Fleming), die "Stadt des Herrn" sein soll, wie Naidoo ständig verkündet, indem er patriarchalisch "Mann" mit "Herr" gleichsetzt, dann muss die Hölle ein idyllisches Städtchen in der Provence sein.

Ich, der ich ja selbst im kurpfälzer Idiom beheimatet bin, spreche also einen "widerwärtigen Dialekt" und klinge wie Joy Fleming?
Na, da haben es die Menschen, die hochdeutsch sprechen, natürlich besser. Die klingen wenigstens alle nur wie Adolf Hitler.

Rettet die deutsche Kultur!

Die deutsche Kultur, so wissen wir, ist bereits seit langer Zeit in ernsthafter Gefahr. Und was die Rechte hierzulande unter deutscher Kultur versteht, wissen wir spätestens seit den Kunstausstellungen des Dritten Reiches samt Arno Breker selig. Doch zum Erhalt dieser Kultur müssen auch wertvolle Pretiosen der Dichtkunst dem Vergessen entrissen werden, wie zum Beispiel dieses wunderschöne Meisterwerk hier, verbreitet von einer deutschnationalen Seite im Internet:

Swantje Swanhwit - Thule

Hörst du die wilden Schwäne singen
jenseits der weißen Nebelwand?
Horch, wie die Zauberharfen klingen
gerührt von weiser Frauen Hand.
Hörst Du, wie das Nordmeer
an die Felsen schäumt?
Dort muß ein heimlich Ufer sein.
Der Sage nach dort eine Insel träumt,
mit Felsen hoch aus rotem Stein.

Hörst Du? Der Wind rauscht in den Eichen.
Heilger Tempel ist der Wald.
In den rauen Rinden Runenzeichen,
dort ist der Götter Aufenthalt.
Ungezähmte weiße Pferde weiden dort.
seidig hell schimmert ihr Fell.
Denn es ist ein alter heilger Ort
am silberklar springendem Quell.

Bernstein schmücket edle Hallen,
Gold gleißt und Edelstein.

Hörst Du die tiefen Luren schallen
Sie laden zum Thing Getreue ein.

Herüber dringt jetzt nur ein leises Wispern,
manch Schicksalswort vom Nornenborn.
Der Wind trägt herüber auch das leise Flüstern,
von schäumendem Met im Silberhorn.


Aber die weißen Nebel hüllen
auf ewig dieses Eiland ein.

Willst du nach ihm deine Sehnsucht stillen,
mußt du ein Auserwählter sein.

Denn nur Wesen edel, treu und rein,
führt das Boot an jenen Strand.
Nur tapferen Helden, edlen Maiden fein
zeigt sich das heilige Land.

Hinter den Nebeln liegt verborgen,
ach, ein wunderschönes Land.
Lüge, Feigheit, Hass und Sorgen
sind aus seinem Reich verbannt.
Hörst du wie das Nordmeer
an die Felsen schäumt?
Dort muß ein heimlich Ufer sein.
Der Sage nach dort eine Insel träumt.
Das muß die Insel Thule sein!


Na, sind Sie noch wach? Beziehungsweise gesund? Kein explosionsartiger Ausbruch von Diarrhöe?
Ich habe das mit voller Absicht in kompletter Länge hier reinkopiert, weil ich hoffte, damit die Trostferne dieses Kulturbegriffs zu transportieren, der sich bis heute hauptsächlich durch rückwärtsgewandtes Pathos definiert. Benn? Arno Schmidt? Nein, Thule muß es sein.
Darum: rettet die deutsche Kultur, bevor so etwas als ihr alleiniger Repräsentant gelten darf!
Denn amen, amen, ich sage euch: sollte dereinst nur noch solch großhirnrindenauflösendes Schaumgeblubber publiziert werden, den autochthonen Deutschen zu frommen, muß sich wahrlich niemand mehr die Mühe machen, mich noch auszuweisen.
Dann gehe ich aus eigenem Antrieb nach Korsika und hoffe, nichts mehr von dieser Scheiße mitzukriegen.

Mittwoch, 8. Oktober 2014

Essen und gegessen werden

Was mir in letzter Zeit vermehrt auffällt (seltsamerweise auch bei mir) ist eine Umkehr der Wortbedeutungen "fressen/saufen" und "essen/trinken".
Früher war ersteres eigentlich den Tieren vorbehalten... mittlerweile geht man als Homo sapiens für gewöhnlich einen saufen oder könnte mal allmählich was zu fressen auftreiben.
Während, was reichlich bizarr ist, Hunde und Katzen mittlerweile Wasser "zum Trinken" hingestellt bekommen (schon häufig erlebt) oder ich vor allem auf Internetseiten öfter lesen muß, was dieses oder jenes Tier eigentlich "essen" würde.
Es heißt ja immer, Sprache wäre einem konstanten Wandel unterworfen, und damit läßt sich ja auch offensichtlich jeder Schwachsinn (nochmal: "Sinn machen") rechtfertigen.

Also: "Schatz, ein romantisches Fressen für zwei im italienischen Restaurant?"

Samstag, 4. Oktober 2014

Old School

Natürlich gab es beim sogenannten Südwestderby FCK- KSC mal wieder auf's Maul.
Scheinbar muß das so sein. Jahrzehntelange Tradition und so.
Mittlerweile habe ich da auch weitgehend resigniert und werde mich auch zukünftig hüten, mahnend den Zeigefinger zu erheben.
Ich wohne inzwischen seit 15 Jahren in Karlsruhe, mag die Stadt sehr und fühle mich voll und ganz daheim. Sogar mit dem KSC und seinen Fans habe ich mich weitgehend arrangiert, was ich früher nicht für möglich gehalten hätte... aber mit oktroyierten Zu- und Abneigungen habe ich es eh nicht so.
Genausowenig wie ich den KSC hasse, mag ich 1860 München, auch wenn zu meinem Bekannten- und Freundeskreis erstaunlich viele 60er gehören. Aber das nur nebenbei.
Das Spiel verbrachte ich heute in meiner Stammkneipe (die gleichzeitig eine KSC- Kneipe ist) inmitten von KSC- Fans... und obwohl man dort als FCK- oder VfB- Anhänger (sogar von denen trauen sich Vereinzelte hinein) nicht sonderlich empfindlich sein darf, was Verbalinjurien angeht, ist trotzdem alles rüde freundschaftlich. Noch schöner ist es natürlich, wenn die Wahrheit wie heute auf dem Platz liegt und man von befreundeten KSC- Fans die Einlösung ihrer Wettschulden in Form alkoholischer Getränke fordern kann, die dann gleich noch besser schmecken.
Ich frage mich, ob das in Mannheim oder Mainz mit den Baracklern bzw. dem Verein, den ich eh nicht ernstnehmen kann, genauso funktionieren würde, denn mit beiden verbindet mich eine genauso herzliche Abneigung wie früher mit dem KSC... und in ersterem Fall ist das Aggressionslevel trotz zwei Ligen Unterschied immer noch erstaunlich hoch.
Und würde mich ein Wahlmannheimer oder -mainzer darüber belehren, daß er dort in ähnlichen Fußballkneipen abhängt wie ich hier und alles ganz knorke ist, fände ich beide Vereine trotzdem noch scheiße.
Deswegen: wenn ihr euch unbedingt gegenseitig auf's Maul hauen müßt, dann tut euch keinen Zwang an.
Aber haltet mich da raus. Ich tue das künftig auch.